Dresdner Morgenpost, 08.01.2004
Gefälschtes SPD-Interview: MDR suspendiert Moderator
DRESDEN/LEIPZIG - Weiter Wirbel um das gefälschte Interview mit SPD-Fraktions-Chef Thomas Jurk. Der MDR suspendierte gestern Moderator Ronald Lässig, den vermeintlichen Urheber der Fälschung. Unterdessen spekulieren Parteimitglieder über eine Absage der Urwahl des SPD-Spitzenkandidaten für die Landtagswahl.
Nachrichtensprecher Ronald Lässig wird „bis zur endgültigen Klärung des Vorfalls" nicht mehr für „mdr aktuell" arbeiten, teilte der MDR gestern mit, Sprecherin Birte Gogarten bestätigte, dass am Dienstag während Lässigs Arbeitszeit von dessen Computer E-Mails mit dem geänderten Interview verschickt wurden. Lässig selbst bestreitet dieVorwürfe.
In der gefälschten Fassung befürwortet Jurk definitiv eine rotrote Koalition nach der Landtagswahl - eine Aussage, die er so nie gemacht hat. Das Thema ist in der SPD schwer umstritten. Jurk stinksauer: „Das ist ein persönlicher Angriff. Ich erwarte mindestens eine Entschuldigung."
Die Fraktion prüft weiter eine Strafanzeige. Jurk vermutet, dass er als Urwahl-Kontrahent von SPD-Chefin Constanze Krehl geschwächt werden sollte. Krehl lehnt ein rot-rotes Bündnis vehement ab, forderte aber gestern „lückenlose Aufklärung des Vorfalls". Außerdem distanzierte sich Krehl von Lässig, der zwei Wochen lang als ihr Sprecher arbeitete und selbst für die SPD in den Landtag einziehen will.
Unterdessen spekulieren Parteimitglieder aufgrund zweier überraschend für heute einberufener Treffen von Landesvorstand und Parteirat über eine mögliche Absage der Urwahl. Weder Jurk noch Krehl wollten sich dazu vor den Treffen äußern.
(von Stefan Locke)
