Freie Presse, Annaberg-Buchholz, 24.01.2004
Annaberg: Bevölkerung sinkt dramatisch
Bis 2020 muss der Kreis Annaberg mit einem Einwohnerrückgang von weiteren 14.000 Personen rechnen. Seit 1990 verlor er bereits 13.000 Menschen, die Kreisstadt im gleichen Zeitraum 5000. „Nackte Tatsachen, die überall in Sachsen so ähnlich zu registrieren sind. Im Freistaat gab es 1990 bis 2002 einen Bevölkerungsschwund von 563.000 Menschen“, erklärte Gabriele Köster vom Statistischen Landesamt Kamenz am Donnerstagabend bei einem Forum in der Annaberger „Goldenen Sonne“. Drei Fünftel sind auf das Geburtendefizit zurückzuführen, zwei Fünftel auf die Abwanderung.
„Wie weiter?“ So lautete deshalb die Frage. Denn die „Abmagerung“ wird sich auf alle Lebensbereiche dramatisch auswirken. „Die Gründe wegzugehen sind exakt die gleichen, um nicht wiederzukommen“, meinte SPD-Landtagsabgeordneter
Karl Nolle. Er fordert eine Mittelstandsoffensive, beispielsweise um die 130.000 Ost-West-Berufspendler „einzufangen“. Und er appelliert, dass Firmen unbedingt Arbeitskräfte aquirieren müssen: „Wer glaubt, dass er nichts in die Menschen investieren muss, wird scheitern.“ Nolle zieht seine Erkenntnis daraus, dass bis 2020 die erwerbsfähige Bevölkerung in Sachsen um ein Viertel sinkt, weil die demografische Alterung dramatisch zunimmt.
Zudem sei alarmierend, dass Sachsen zwar von der Industrie lebe, aber sich nur neun Prozent der Schulabgänger für eine Ausbildung in diesen Gewerbebranchen interessieren. „Die Abschaffung des Zweiges ,Beruf mit Abitur‘ war ein schwerer Fehler“, meint Nolle.
Mit konkreten Vorschlägen, zumindest bezogen auf den Kreis, konnten aber weder Nolle noch die Landtagsabgeordnete Gudrun Klein oder Bürgermeister Frank Uhlig aufwarten. Schlagworte wie Entbürokratisierung oder eben Mittelstandsoffensive gibt es in anderen Parteien auch. Zumindest Nolles Offenheit kam gut an: „Wir dürfen nichts beschönigen. Die Fakten sind und bleiben so.“
(mas)