DNN/LVZ, 03.02.2004
Leipziger Spenden-Show von 1998 holt Sachsen-CDU ein
Leipzig/Dresden. Am 28. März 1998 steigt auf dem Leipziger Markt ein kleines Fest. In einem Zelt spielt die Freiwillige Feuerwehr Seehausen, es tanzt die "Gym-Show" und gegen Abend treten für einige Minuten Fips Fleischer und Conny Strauch auf. Zugleich präsentiert sich Stadtkämmerer Peter Kaminski, damals OB-Kandidat der CDU, als Initiator des "Freundeskreises Kongresshalle". Er will den maroden Veranstaltungssaal wiederaufbauen. Die Gagen der Musiker sollen, so heißt es, in die Sanierung fließen, die Künstler geben sich mit einer Spendenquittung zufrieden. Am Abend wird verkündet, inklusive Firmenspenden seien 85 000 Mark zusammengekommen. Ein schöner Tag. Doch die wahren Hintergründe der Aktion waren möglicherweise weniger erfreulich.
Gestern Nachmittag zumindest sitzt Kaminskis Parteifreund Hermann Winkler vor Journalisten in der Parteizentrale der sächsischen CDU und erklärt, es gebe "schönere Momente im Leben eines Generalsekretärs", als sich zu jetzt bekannt gewordenen Vorwürfen zu äußern. Denn unklar ist laut einem Bericht der Zeitung "Die Welt", ob überhaupt Geld geflossen ist und wenn ja, wie viel und wohin. Die Witwe des 2002 verstorbenen Fips Fleischer weiß jedenfalls trotz intensiver Bemühungen keine Antwort auf diese Fragen. Kaminski erwähnt nun unklare Zahlungen auf das Gesamthaushaltskonto der Stadt und spricht von 42 000 Mark für Blitzschutz.
Offenbar geht es auch um eine Parteispendenaffäre. Nach allem, was man bisher weiß, stellte nicht der "Freundeskreis Kongresshalle" für jenen Tag Spendenquittungen aus, sondern der CDU-Kreisverband, was - wenn es stimmt - illegal wäre. Die für die ordnungsgemäße Verbuchung von Parteispenden zuständige Bundestagsverwaltung unter Präsident Wolfgang Thierse (SPD) prüft bereits die Vorgänge. Und nicht nur das. Auch die Staatsanwaltschaft Leipzig führt seit Mitte Januar ein Prüfverfahren gegen Kaminski. Damals wurde bekannt, dass der OBM-Kandidat an den Geschäftsmann und Wahlkampfhelfer Roland Poser für die Vermittlung eines Zentralstadion-Investors eine Millionen-Provision zahlte. Die Ermittler prüfen nun auch im Zusammenhang mit den Parteispenden, ob ein Anfangsverdacht für eine Straftat vorliegt, wie Oberstaatsanwalt Norbert Röger sagt. Es könnte sich um illegale Parteispenden und um Steuerhinterziehung handeln.
Gleichzeitig hat die CDU die Sächsische Revisions- und Treuhand GmbH beauftragt, die Buchführung der Leipziger Parteifreunde von 1997 bis 2000 zu durchleuchten - schließlich ist im September Landtagswahl und die Union will sich keine neue Affäre leisten. Der Landesverband fordert jetzt, dass Kaminski und der CDU-Kreischef Hasso Schmidt bis morgen Stellung beziehen. Es gebe "weiteren Klärungsbedarf", sagt General Winkler, denn Kaminski bestreite die Vorwürfe. Zudem müssten "Unterlagen zu mehreren Veranstaltungen" geprüft werden. Ein erstes Ergebnis soll der Landesvorstand Mittwoch Abend diskutieren -Ausgang offen.
Sachsens SPD-Spitzenkandidat Thomas Jurk forderte die CDU bereits auf, sich von Kaminski zu trennen und PDS-Konkurrent Peter Porsch kritisiert, "schwarzer Filz" im Freistaat sei Realität: "Eine Hand beschmutzt die andere". Kaminski sei nur ein Bauernopfer, der vielleicht "schon woanders eine Stelle hat".
"In Leipzig gibt es keinen Filz und es ist kein Sumpf trocken zu legen, sondern es gibt allenfalls Vorwürfe, die zügig und umfassend aufgeklärt werden müssen", betont hingegen OBM Wolfgang Tiefensee (SPD). Der Rathauschef bot inzwischen an, bei der Aufklärung mitzuwirken, wenn der sächsische CDU-Landesvorstand es wünscht. Muss er auch, denn die Leipziger PDS hat einen regelrechten Fragenkatalog an ihn gerichtet, in dem es zunächst ums Stadion, aber auch um mögliche Spenden geht. Der Ältestenrat - ein Gremium der Fraktions- und Verwaltungsspitzen im Rathaus - hat bereits den Rechnungsprüfungsausschuss mit Klärung beauftragt. "Ihm muss Akteneinsicht gewährt werden", fordert PDS-Fraktionsgeschäftsführer Rüdiger Ulrich. Leipzigs CDU-Kreisvorsitzende Christine Clauß ist ebenfalls interessiert, dass "alle Vorwürfe restlos aufgeklärt werden". Kaminski selbst meldete sich gestern auch zu Wort - allerdings ohne sich zur Sache zu äußern. Er wolle zunächst den Bericht der Wirtschaftsprüfer abwarten.
(Sven Heitkamp/Mathias Orbeck)