Karl Nolle, MdL

Leipziger Volkszeitung, LVZ/DNN, 13.02.2004

Druck von allen Seiten: Luft für Rasch wird dünn

Chef des Innenressorts gilt nur noch als Minister auf Zeit.
 
DRESDEN. Er gilt als still und integer. Innenminister Horst Rasch (CDU) eilt der Ruf voraus, ein wenig zu brav zu sein, aber sauber. Doch in letzter Zeit kommen diese Eigenschaften dem Ressortchef kaum mehr zu Gute. Druck kommt von allen Seiten - nicht nur von der Opposition, die in regelmäßigen Abständen den Rücktritt fordert, sondern aus den eigenen Reihen. So prägte erst der Vorsitzende des Landtagsinnenausschusses, Rolf Seidel (CDU), das böse Wort vom "Moloch Innenministerium", und nun kommt auch Kritik vom CDU-Abgeordneten Marko Schiemann aus Bautzen. Tenor: Rasch treffe "aus polizeifachlicher Sicht falsche Entscheidungen".

Grund ist die geplante Polizeireform. In Bautzen will der Minister die Polizeidirektion abziehen, während Führungsstäbe in Dresden konzentriert werden sollen. Doch dahinter lauert ein weitaus brisanteres Problem. Es geht um die Landespolizeischule, und die liegt ebenso in Bautzen. Deren Führung liefert sich derzeit ein bizarres Hauen und Stechen mit dem Ressortchef, es geht um Untreue und Körperverletzung im Amt.

Ausgangspunkt für die Verwerfungen ist eine Razzia in der Landespolizeischule durch Mitarbeiter des Finanzministeriums und Landeskriminalamts. Die erschienen vor rund einer Woche und konfiszierten gleich mehrere Dienstcomputer - auch den von Schulleiter Gerd Ley. Der schlägt jetzt über Anwalt Mark Hirschmann zurück. Das Innenressort, schrieb Hirschmann am 4. Februar an Staatskanzleiminister Stanislav Tillich (CDU), wolle "die Betroffenen in ihrer dienstlichen Stellung vernichten" - ein "privater Rachefeldzug" von Rasch.

Das Ministerium sieht das offensichtlich anders. Denn der Grund für die ungewöhnliche Razzia ist der "Förderkreis für Demokratie und innere Sicherheit" - laut SPD-Aufklärer Karl Nolle "eine Art Männer- und Geheimbund". Pointe: Nolle hat Belege, dass dieses "Netzwerk von Strippenziehern" von der Landespolizeischule aus agiert - und dafür die gesamte, mit öffentlichen Geldern bezahlte Infrastruktur nutzt. Das wollte das Innenressort unterbinden, letztlich aber auf Initiative eines anderen: Von Nolle aufgerüttelt hat sich Regierungschef Georg Milbradt (CDU) eingeschaltet.

Für Rasch ist das wenig komfortabel. Denn seit langem schon steht der Minister politisch mit dem Rücken an der Wand, es gibt Probleme im halben Dutzend. So liegt Rasch mit der Polizeigewerkschaft über Kreuz, die schon mehr als einmal den Rücktritt gefordert hat. Dann belastet eine Affäre um den ehemaligen Polizeichef Siegfried Wolf aus Dresden das Ministerium, der trotz Krankschreibung mit dem Dienstwagen erwischt worden war.

Hinzu kommt der auch in CDU-Kreisen heftig umstrittene 60.000-Euro-Auftrag an "Kripo live"-Moderatorin Birgit von Derschau sowie Probleme beim Katastrophenschutz und Flutmanagement. Das Wichtigste aber ist der Korruptionsverdacht gegen einen Mitarbeiter im Innenressort selbst. Referatsleiter Berni H. soll profitable Nebengeschäfte abgewickelt haben - während der Dienstzeit, versteht sich. Berni H. aber war der für Korruptionsbekämpfung zuständige Referatsleiter.

Für Rasch wird die Luft damit dünn. Spätestens seit Milbradt sich den Fall Ley auf den Tisch gezogen hat, steht fest, dass er ein Minister auf Zeit ist. Offiziell hält der Regierungschef noch an ihm fest, doch in Dresden kursiert längst der Name einer möglichen Nachfolgerin: Der der Milbradt-Vertrauten Andrea Fischer (CDU), derzeit noch Staatssekretärin im Wirtschaftsressort.
(Jürgen Kochinke)






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