Karl Nolle, MdL

Dresdner Morgenpost, 22.02.2004

Skandal in der Sachsen LB

Ohne Ausscbreibung zum neuen Spitzen-Job
 
LEIPZIG - Der Skandal um die Vorgänge in der Landesbank Sachsen weitet sich aus. Gestern berichtete eine ehemalige Angestellte des öffentlich-rechtlichen Kreditinstituts der Morgenpost, dass es bereits vor der mutmaßlichene Telefonspitzel-Aktion Versuche gab, Mitarbeiterauszuspionieren. Zudem soll ein Vorstand seinen Dienstwagen massiv für private Zwecke genutzt haben.

Als die ehemalige Vorstandssekretärin gestern unseren Bericht über die mittlerweile dementierte telefonische Bespitzelung von Bankmitarbeitern las, musste sie tief durchatmen. „Zu meiner Zeit wurde auch schon versucht, Mitarbeiter auszuspionieren", sagt sie. „Mir ist bekannt, dass Mitarbeiter schon vor Jahren von der damaligen Bereichsleiterin Vorstandsstab, Andrea Braun, aufgefordert wurden, über andere Mitarbeiter vertrauliche Berichte zu deren Arbeits- und Lebensweise zu erstellen."

Im Fadenkreuz der bankinternen Spionage soll auch der Bereichsleiter Personal und Recht, Wolfgang Behrens, gestanden haben. Dem Juristen entzog der Vorstand später die Verantwortung für den Personalbereich. „Nur ein neues Organigramm", wiegelt Dr. Frank Steinmeyer, Sprecher der Sachsen LB, ab. Von Ausforschung will er auch nichts wissen.

Anschließend wurde die Lebensgefährtin von Vorstandschef Dr. Michael Weiss, Andrea Braun, zur Bereichsleiterin Personal berufen - ohne Stellenausschreibung. Steinmeyer bestätigt: „Ja, ohne Ausschreibung. Sie war die einzige geeignete Kandidatin "

Auch zur Dienstwagennutzung weiß die ehemalige Vorstandssekretärin einiges zu erzählen: „Ein Fahrer der Sachsen LB wurde im Auftrag von Herrn Weiss mehrfach nach Hamburg, Kiel und Köln geschickt, um dessen Katamaran zu transportieren bzw. Ersatzteile für das Segelboot zu besorgen". Für den Vorstand war kein Weg zu weit: „Damit Haustechniker neue Software auf seinem Computer installieren konnten, hat Vorstandschef Weiss seinen Fhhrer von Leipzig nach Köln beordert, um das Gerät von seinem Wohnhaus zur Bank zu transportieren", erinnert sich die ehemalige Vorstandssekretärin.

Die private Nutzung der Vorstands-Wagen scheint für die Sachsen LB kein wirkliches Problem zu sein. „Die Dienstwagen und gegebenenfalls auch die Fahrer dürfen privat genutzt werden", sagt Bank-Sprecher Steinmeyer. Allerdings müsse der geldwerte Vorteil versteuert werden.

Selbstverständlich wurden die teuren Oberklassewagen auch zu Dienstreisen genutzt. Nach Kiel beispielsweise, wo zufällig der Katamaran des Vorstandsvorsitzenden liegt. „Herr Weiss hatte sehr oft spontane geschäftliche Termine in Kiel. Diese Termine waren speziell um die Wochenenden angesiedelt", erinnert sich die ehemalige Vorstandssekretärin. Für Steinmeyer kein Grund zu Zweifeln: „Wenn ein Vorstand eine Dienstreise anmeldet, dann ist das eine Dienstreise".
-bi.-

Karl Nolle im Webseitentest
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