Karl Nolle, MdL

WELT, 21.02.2004

Politik entsetzt über Missstände bei SachsenLB

 
Dresden - Dienstwagenaffäre, Abhörskandal und Günstlingswirtschaft in der Landesbank Sachsen Girozentrale (SachsenLB) haben jetzt ein politisches Nachspiel. Der Verwaltungsratschef des Instituts, Sachsens Finanzminister Horst Metz (CDU), hat von seinem Urlaub aus angekündigt, dass er bereits nächste Woche ein Gespräch mit dem massiv in die Kritik geratenen Bankenchef Michael Weiss führen wird. Dabei sollen auch Vorwürfe gegen dessen Lebensgefährtin Andrea Braun und gegen Vorstandsmitglied Rainer Fuchs thematisiert werden.

"Wir prüfen die Vorwürfe", sagte sein Sprecher Markus Lesch. Wegen der Berichterstattung in der WELT (Freitagsausgabe, 20. Februar) sei "das Haus in Bewegung gesetzt" worden. Mobil macht auch die Opposition in der Landeshauptstadt Dresden. Dort wird die SPD-Fraktion eine Sondersitzung des Parlaments einberufen. Einziger Tagesordnungspunkt: "Bericht des Finanzministers über ungeheuerliche Vorwürfe gegen Verantwortliche der Sächsischen Landesbank".

Unterdessen setzen die Vorgänge auch Ministerpräsident Georg Milbradt (CDU) unter Druck. Der Regierungschef, der bei den Landtagswahlen im September seine absolute Mehrheit verteidigen will, tritt am kommenden Donnerstag eine seit langem geplante USA-Reise an. In der ihn begleitenden Wirtschaftsdelegation ist ein Platz für Bankenchef Weiss reserviert. Ein SPD-Sprecher: "Wir fordern den Ministerpräsidenten auf, Herrn Weiss umgehend auszuladen." Diese Forderung blockt die Staatskanzlei ab: Noch sei es zu früh, Korrekturen an Reiseplänen und -partnern vorzunehmen.

SPD-Fraktionschef Thomas Jurk forderte bereits den Rücktritt von Weiss, Braun und Fuchs. Der Politiker sagte, dass die Posten in Sachsens öffentlich kontrollierten Unternehmen "à la August dem Starken nach Mätressenart" vergeben würden. Er spielte damit auf die Partnerin von Weiss an, die in der Bank eine atemberaubende Karriere machte - von einer einfachen Assistentin zum Alleinvorstand der Konzerngesellschaft MDL Mitteldeutsche Leasing AG.

Managerin Braun, die bei einer Vier-Tage-Woche ein Jahresgehalt von geschätzten 160 000 Euro bezieht, ist unmittelbar in die Dienstwagen-Affäre des Instituts verstrickt. Die MDL leaste für Weiss einen Mercedes-Benz vom Typ "S 600, langer Radstand" für 140 249,80 Euro und gab eine Kalkulation für die privat veranlasste Nachrüstung mit einer Anhängerkupplung über 2607,34 Euro in Auftrag. Dabei besteht der Verdacht, dass Leasingraten gefälscht wurden, um die Luxusanschaffung zu ermöglichen. Nach Darstellung von Oppositionspolitikern steht Weiss, der die drittkleinste Landesbank Deutschlands leitet, nur ein 270er Mercedes zu.

Die SachsenLB wollte auch am Freitag gegenüber der WELT insbesondere die schweren Vorwürfe gegen Vorstandsmitglied Rainer Fuchs nicht kommentieren. Nach dieser Zeitung vorliegenden Unterlagen und Korrespondenzen hat Fuchs einen zwielichtigen Detektiv damit beauftragt, ehemalige Mitarbeiter auszuspitzeln. Auftragnehmer Uwe-Jens Wittig von der Artemis GmbH, ein Sicherheitsspezialist des früheren DDR-Innenministeriums, dementiert ausdrücklich nicht, dass es dabei auch um das illegale Abhören von Telefonen ging. Der Verstoß gegen das Fernmeldegeheimnis ist strafbar.
(von Uwe Müller)

Karl Nolle im Webseitentest
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