Leipziger Volkszeitung, 24.02.2004
Immer neue Vorwürfe bringen Landespolizeichef Pilz in Erklärungsnot
Dresden. Seit Monaten herrscht Unruhe in der sächsischen Polizei wegen der geplanten Strukturreform. Weil Innenminister Horst Rasch (CDU) die Zahl der Polizeidirektionen von 13 auf sieben reduzieren will, gibt es beinharte Kritik bis in Führungspositionen hinein. "Es geht drunter und drüber", meint Peer Oehler, Landesvize der Gewerkschaft der Polizei (GdP), "jeder füttert jeden". Was Oehler meint, betrifft vor allem Landespolizeipräsident Eberhard Pilz. Gegen den Chef von rund 14.000 Beamten kursiert derzeit ein ganzes Bündel höchst interner Vorwürfe - einige brisant genug, um ihn in Bedrängnis zu bringen.
Das liegt nicht zuletzt an der Art der Vorwürfe selbst. Diese reichen von Sexismus über Alkohol bis hin zur widerrechtlichen Nutzung seines Dienstfahrers für private Zwecke. Beispiel Betriebsausflug: Hier hat SPD-Ober-Aufklärer
Karl Nolle aus Polizeikreisen erfahren, dass Pilz während einer Bootstour auf der Elbe im Sommer 2003 Frauen mit "verbalen Ausfällen" belästigt habe. Das wird vom Innenressort bestritten. Die Vorwürfe seien "unzutreffende Spekulationen", hat Sprecher Thomas Uslaub schriftlich mitgeteilt, es gebe keine offiziellen Beschwerden. Das stimmt und scheint dennoch am Kern vorbei zu gehen. Denn Insider berichten, dass die Szene sich sehr wohl so abgespielt habe - allerdings nicht während, sondern im Anschluss an den Elbetripp.
Beispiel Alkohol: "Trinkt Polizeichef Pilz manchmal zu viel Pils?", fragte ein Boulevardblatt vor kurzem süffisant und bezog sich auf Gerüchte, Pilz trinke zuweilen ein wenig über den Durst. Stimmt nicht, heißt es dazu in Polizeikreisen, in der Regel sei es "kein Bier, sondern Schnaps". Laut Nolle ist das nicht hinnehmbar: "Für solch eine herausragende Position gelten enge moralische Maßstäbe."
Eng aber wird die Lage für Pilz wegen möglicher Ungereimtheiten auf dem dritten Feld. Laut Nolle soll Pilz den Dienstfahrer nicht nur bei seinem Privatumzug, sondern auch für Wartungs- und Reparaturarbeiten am privaten Fahrzeug eingespannt haben. Auch dies weist Ressortsprecher Uslaub ins Reich der Fabel: keine Inanspruchnahme von Bediensteten beim Umzug, kein Einsatz des Fahrers am Privatwagen. Aus der Kritik kommt Pilz dennoch nicht. Nach Insiderinformationen soll der Fahrer sehr wohl privat zu Diensten gewesen sein - allerdings bei Malerarbeiten in der Garage.
Damit wird der Fall auch für Minister Rasch zum Problem. Denn laut GdP-Vize Oehler kommen die Informationen, auf die Nolle sich bezieht, aus den Reihen der Polizei selbst - gezielt gestreut, um Rasch zu demontieren. Letztlich seien die Indiskretionen nur "Auswüchse eines führungslosen Innenministeriums", meint Oehler. "Man schlägt den Sack, um den Esel zu treffen."
(Jürgen Kochinke)