Freie Presse Chemnitz, 24.02.2004
Opposition sieht Milbradt in Verantwortung
PDS zu Vorwürfen gegen SachsenLB: Chefsache des Ex-Finanzministers - Kritik an Auftrag für private Prüfer
Leipzig/Dresden. Mit der Affaire um das bizarre Innenleben der Sachsen-LB ist auch Ministerpräsident Georg Milbradt (CDU) zum Adressat von Fragen geworden. Die 1992 gegründete Bank gilt als Lieblingsidee des ehemaligen sächsischen Finanzministers.
Im Auftrag Milbradts ist es Vorstandschef Michael Weiß gelungen, den Großteil der kommunalen Sparkassen mit der Sachsen-LB zu fusionieren. Allerdings bemühte sich die Bank vergeblich um einen starken Partner in einem anderen Bundesland. Negativ-Schlagzeilen machte das in Leipzig angesiedelte Geldhaus mit seinen 372 Mitarbeitern durch Personalquerelen, aber auch durch Kreditgeschäfte.
Schlagseite droht der kleinen Bank auch durch ihr Engagement bei Mobilcom. Fahrten zum Firmensitz in Büdelsdorf konnte Weiß mit Wochenendtrips ins nahe Kiel verbinden. Dort liegt sein Segelboot. Für den Transport des Katamarans hatte Weiß seinen Dienstwagen vom Typ Mercedes S 6oo in Langversion mit einer Anhängerkupplung nachrüsten lassen. Das Leasinggeschäft für die Luxuskarosse mit einem Neuwert von 140.249 Euro wickelte Weiß über die MDL Mitteldeutsche Leasing AG ab. Zu deren Chefin hatte er seine Lebensgefährtin Andrea Braun befördert. Der Aufstieg der früheren Personalchefin war von keiner Konkurrenz bedroht. Die Bank hatte auf eine Ausschreibung verzichtet. Begründung: Braun sei die einzige geeignete Kandidatin gewesen. „Das kommt einer Maitressenwirtschaft a la August dem Starken gleich", hatte die SPD-Fraktion im Landtag die Braun-Karriere kommentiert.
Peter Porsch, Fraktionschef der PDS im sächsischen Landtag, weist dem früheren Finanzminister die Verantwortung zu, „dass sich dieser Selbstbedienungsladen so einrichten konnte." Als Verwaltungsratsvorsitzender habe Milbradt über „intime Kenntnisse" der Bank verfügt. Weiß führe sich auf wie der selbstherrliche Chef einer Privatbank, sei aber Chef eines öffentlichrechtlichen Geldinstituts. Porsch: „Ich erwarte, dass Milbradt die Aufklärung zur Chefsache macht." In einer Sondersitzung wird sich der Finanzausschuss des Landtages am 3. März mit den Vorwürfen gegen Weiß beschäftigen.
Finanzminister Horst Metz, aktueller Verwaltungsratschef der Sachsen-LB, verwies gestern nach einem Gespräch mit dem Bankvorstand auf eine Prüfung der Vorgänge durch die Gesellschaft Ernst & Young. Ergebnisse will er dem Landtagsausschuss mitteilen. Kritik an der Beauftragung einer privaten Firma äußerte SPD-Fraktionschef Thomas jurk. „Weiß setzt den Kontrolleur ein, der ihn überprüfen soll. Das kann so nicht sein." Er sprach von einem „Fall für den Staatsanwalt". Der wird sich auch mit den Vorwürfen über ein internes Spitzelsystem in der Bank beschäftigen.
(von Hubert Kemper)