Dresdner Morgenpost, 24.02.2004
Spitzel-Skandal in der Landesbank jetzt ein Fall für die Staatsanwaltschaft
Hinter der Fassade der Sachsen LB sollen Überwachungspraktiken angewandt worden sein, die an ”alte Zeiten” erinnern.
LEIPZIG - Im Spitzel-Skandal um die Landesbank Sachsen kommen immer mehr Details ans Licht. Aus Unterlagen, die der Morgenpost vorliegen, geht hervor, dass der Vorstand der öffentlich rechtlichen Bank auch den Personalrat seines Hauses ausspionierte. Gestern leitete die Staatsanwaltschaft Vorermittlungen ein.
Im Jahre 2001 wurde innerhalb der Landesbank um eine strategische Neuausrichtung gerungen. Bankchef Dr. Michael Weiss und sein Vorstandskollege Rainer Fuchs setzten auf die Ausweitung der Kapitalmarktaktivitäten, Vorstand Eckhard Laible entwarf dazu ein Gegenkonzept. Und mittendrin der Personalrat, der vor allem bei der Verwirklichung der Weiss/Fuchs-Strategie einen massiven Personalabbau befürchtete.
Was die Personalvertretung damals nicht wusste: Bei ihren vertraulichen Tagungen saß der Vorstand quasi mit am Tisch. Und zwar in Person einer Personalrätin, die für Vorstand Fuchs die Ohren offen hielt und später aus den vertraulichen Sitzungen berichtete - ein Verstoß gegen das Sächsische Personalvertretungsgesetz.
Den Unterlagen zufolge wusste Bankchef Weiss von der Bespitzelung des Personalrates: „Ich habe heute mit Frau S. über die Stimmung im Personalrat gesprochen ... Dabei haben wir die Haltung des Personalrates zur Strategie diskutiert", informierte Fuchs im September 2001 seinen Vorstands-Chef.
Mit der Personalrätin traf sich Fuchs konspirativ und sicherte ihr schriftlich Geheimhaltung zu („Insoweit sieht Sie niemand. Wir können uns ja auch in das benachbarte Büro setzen"). Von seiner Informantin erfuhr er, dass der damalige Personalrats-Chef vertrauliche Gespräche mit Leipzigs OB Wolfgang Tiefensee (SPD) sowieVorstand Laible geführt hatte und auf das Scheitern des Konzeptes von Weiss/Fuchs im Verwaltungsrat hoffte. In seinem Bericht an Bankchef Weiss riet Vorstand Fuchs deshalb zurVorsicht vor der „Koalition von Herrn Laible mit der SPD/Gewerkschaftsschiene".
Landesbank-Sprecher Flank Steinmeyer bestritt gestern Verstöße gegen das Personalvertretungsgesetz: „Es trifft nicht zu, dass derVorstand Mitglieder des Personalrates aufgefordert hat, über vertrauliche Sitzungen ... zu berichten." Letztlich konnten Weiss und Fuchs ihr Strategiekonzept durchsetzen. Vorstand Laible schied kurz danach aus der Sachsen LB aus.
Inzwischen beschäftigt sich auch die Staatsanwaltschaft mit den Vorgängen bei der Landesbank. Nach Angaben von Oberstaatsanwalt Norbert Röger prüft die Behörde die strafrechtliche Relevanz aller Vorwürfe.
-bi-