Dresdner Morgenpost, 25.02.2004
Sachsen-LB-Affäre: Milbradt und Metz in der Bredouille
DRESDEN/LEIPZIG – Die heftigen Vorwürfe gegen die Landesbank Sachsen: Gestern bestritt die Regierung, längst von den offenbar haarsträubenden Zuständen in dem Leipziger Institut zu wissen. Die Briefe geben jedoch ein anderes Bild.
Mit einem „Duz-.und Bettkartell" sollen Landesbank-Chef Michael Weiss, seine Lebensgefährtin Andrea Braun und Vorstandsmitglied Rainer
Fuchs die Bank und ihre Mitarbeiter geführt haben. Es geht um Luxus-Dienstwagen, Privatreisen mit Dienstmeilen und Mitarbeiterbespitzelung (Morgenpost berichtete). Dennoch: „Herr Weiss genießt das volle Vertrauen der Staatsregierung", sagte Sprecher Christian Striefler „Es gibt keine Hinweise, die gegen eine seriose Bankführung sprechen" ergänzte Finanzministeriums-Sprecher Markus Lesch.
In zwei anonymen Briefen von „Freunden und Förderern der Landesbank" an die damaligen Finanzminister Milbradt und Thomas de Maizere (beide CDU) heißt es: Weiss habe „in unsäg1icher Weise Privates und Dienstliches" verquickt, die Angestellte Braun sei erst Freundin, dann Personal-Chefin von Weiss geworden, In der Bank hätten Günstlingswirtschaft, Selbstbedienung, Gutsherrenart geherrscht. Erst de Maiziere - heute Justizminister - reagierte.
Wenn Weiss weiter Bank-Chef bleiben wolle, müsse Frau Braun gehen. Weiss blieb, Braun wurde im April 2003 Chefin der Mitteldeutschen Leasing AG (MDL), einer Tochter der Landesbank.
Laut der Zeitung „Die Welt" halbierte sich das Neugeschäft der Bank auf 75 Millionen Eure, der Verlust stieg um das Fünffache auf 10,2 Millionen Euro. Gestern gestand Vorstands-Chef Weiss öffentlich, dass seine Bank die Beteiligung an der MDL mittlerweile mit Null bewertet. Abschreibungsbedarf: 11 Mio. Euro. Die Verantwortung dafür schob Weiss allerdings nicht seiner Lebensgefährtin zu, sondern ihrem Vorgänger Ludwig Hausbacher.
In einem Brief vom Juni 2003 hört sich das anders an: Fünf MDL-Vertriebsmitarbeiter beschwerten sich beim Landesbank-Vorstand sowie bei Finanzminister Metz über die Zustände bei der MDL. Das Verhältnis zu Frau Braun sei wegen „fehlender Sachkompetenz" und ihres „unakzeptablen Führungsstils .. irreparabel zerrüttet". Frau Braun informiere falsch und widersprüchlich, Kunden wanderten ab, Wettbewerber machten sich lustig. Die MDL sei „stark gefährdet". Merkwürdig: Kurze Zeit später mussten die fünf Unterzeichner gehen.
Der Regierung ist deshalb nicht bange. „hier kennt keiner diesen Brief", sagte Finanzministeriums-Sprecher Lesch. Und überhaupt: „Erst wenn die Bilanzen nicht mehr stimmen, müssen sich Zahlen und Leute ändern. Soweit sind wir hier nicht."
In der Tat: Die Bilanz der Landesbank ist positiv, der Gewinn stieg um 16 Prozent auf 35 Millionen Euro. Doch alles lässt sich damit offenbar nicht rechtfertigen: Die Staatsanwaltschaft hat Vorermittlungen aufgenommen, ein Wirtschaftsprüfer untersucht die Bank und Weiss muss schriftlich Stellung nehmen. Am 3. März müssen Metz und Weiss vor den Haushalts- und Finanzausschuss im Landtag.
In der Dienstwagenaffäre erklärte Weiss gestern, dass er sich theoretisch auch einen Ferrari oder Maybach als Dienstwagen bestellen könne. „Die Vorstandsmitglieder sind in der Wahl ihrer Fahrzeuge absolut frei", sagte Weiss. Auch der Anbau der Anhängerkupplung für den Transport seines Segelbootes (Morgenpost berichtete) erfolgte auf Kosten der Sachsen LB. Weiss: „Ich sehe da keine moralische Bedenklichkeit."