Karl Nolle, MdL

Sächsische Zeitung, 02.03.2004

Leipzig wird zur Kampfbühne

Heftiger Streit zwischen CDU-Staatsregierung und SPD-Oberbürgermeister
 
Zwischen der Stadt Leipzig und der Staatsregierung scheint das Tischtuch zerschnitten. Ihre Exponenten liefern sich im Fortgang der Kaminski-Affäre einen erbitterten öffentlichen Streit.

In den frühen Aufbaujahren konnte Leipzig von kräftiger Unterstützung des Freistaats profitieren. Als er noch Finanzminister war, setzte sich der heutige Ministerpräsident Georg Milbradt (CDU) persönlich für Großprojekte wie die Neue Messe und den Ausbau des Flughafens ein.

Die Zeiten dieses harmonischen Zusammenspiels sind jetzt vorüber. Spätestens seit der inzwischen beurlaubte Finanzbürgermeister Peter Kaminski (CDU) wegen einer fragwürdigen Millionen-Provision von 1999 an seinen Wahlhelfer Roland Poser ins Gerede kam, wurde der Konflikt offenbar. Oberbürgermeister Wolfgang Tiefensee (SPD) hätte Kaminski wohl gerne gehalten. Aber die Landes-CDU an der Spitze erzwang die Suspendierung. Nun gibt Kaminski dem SPD-Mann an der Spitze keine Deckung mehr vor dem Visier der CDU.

Jetzt stichelte Justizminister Thomas de Maizière (CDU) in einem Interview der „Leipziger Volkszeitung“ vom Sonnabend gegen Tiefensee. Ihm scheine, dass die Entscheidungsstrukturen in Leipzig „ein bisschen unübersichtlich“ geworden sind, ließ er sich zitieren. Vielleicht gebe es zu viel Konsens und zu wenig Debatte. Jedenfalls sei es nicht in Ordnung, wie ein Bericht des Rechnungsprüfungsamts in der Schublade verschwunden sei.

Bei Tiefensee liegen die Nerven blank. Gestern reagierte der Oberbürgermeister mit einer dreiseitigen Erklärung – eine Breitseite als Antwort auf die eleganten Anmerkungen des Ministers.

Parteipolitik rückt in den Vordergrund

„Pauschale Verdächtigungen und Unterstellungen“, schimpfte Tiefensee. Die Staatsregierung versuche, Leipzig in ein schlechtes Licht zu rücken. Er warf de Maizière persönlich vor, Probleme der CDU und von Korruption auf die Messestadt zu fokussieren. Dabei habe Leipzig sogar im April 2000 als erste sächsische Kommune einen Anti-Korruptionsbeauftragten bestellt.

Die Nervosität ist verständlich. Immerhin geht aus dem Bericht des Rechnungsprüfungsamts zu Kaminskis dubiosen Aktivitäten hervor, dass auch Tiefensee und der Stadtrat Kenntnis von den Vorgängen hätte haben müssen. Jetzt wehrt sich der Oberbürgermeister mit der Klarstellung, er habe immer wieder erklärt, dass mit dem Bericht nach rechtsstaatlichen Grundsätzen umgegangen werde: „Ein Justizminister sollte die Vorschriften kennen.“ Die Leipziger CDU-Kreisvorsitzende Christine Clauß mahnte gestern zur Beruhigung. „Man sollte mit Bedacht an die Konflikte herangehen“, sagte sie der SZ.

SPD-Politiker sprangen Tiefensee bei, auch wenn sie die Schärfe seiner Reaktion nicht unbedingt teilten. Thomas Jurk, der Fraktionsvorsitzende im Landtag, bemängelte, dass de Maizière einfach darüber hinweggehe, dass es in Leipzig eine CDU-Spendenaffäre gebe. Die wird übrigens diese Woche von einem Wirtschaftsprüfer der Bundes-CDU untersucht, wie Generalsekretär Hermann Winkler mitteilte.

Einen Schritt weiter geht der Vorsitzende des Leipziger SPD-Unterbezirks Gunter Weißgerber. „Heute steht die Parteipolitik viel stärker im Vordergrund“, sagte er der SZ. In Leipzig und dem Leipziger Land, wo ebenfalls die SPD Landrätin Petra Köpping stellt, gebe es das Gefühl einer Ungleichbehandlung im Vergleich zu anderen Kommunen. Das zeige sich etwa an den Haushalts-Bestätigungen, bei denen die Daumenschrauben immer enger angezogen würden.

De Maizière gab gestern den Chorknaben. Er habe Leipzig nicht in schlechtes Licht rücken wollen. Die Aufbauleistung der Bevölkerung sei in der Tat eine Erfolgsgeschichte. Und die Regierung werde Leipzig „weiterhin nachhaltig unterstützen“, versicherte er der SZ.
(Von Stefan Rössel)

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