Karl Nolle, MdL

DNN/LVZ, 10.03.2004

Trotz Kritik erhält Polizeichef Rückendeckung

 
Dresden. Im sächsischen Innenministerium herrscht seit Wochen Krisenstimmung. Anlass für den Dauerstress sind Verwerfungen mit der Landespolizeischule in Bautzen, im Kern aber geht es um Eberhard Pilz. Der ist Landespolizeipräsident und muss sich derzeit mit internen Vorwürfen im Dutzend beschäftigen - von persönlichen Verfehlungen über unangemeldete Nebentätigkeiten bis hin zur Nutzung seines Dienstfahrers für Privatzwecke. SPD-Fraktionschef Thomas Jurk hat längst die Entlassung gefordert. Schlimmer aber ist, dass die Staatsanwaltschaft Dresden Vorermittlungen eingeleitet hat - wegen Untreue.

Das trifft die Hausspitze unmittelbar. Gestern ging Staatssekretär Michael Antoni für Innenminister Horst Rasch (CDU) in die Offensive. Die Vorwürfe seien banal, so der Tenor, für eine Suspendierung des Angeschlagenen bestehe kein Grund - Rückendeckung erster Klasse. Gleichzeitig nahm Pilz gestern erstmals direkt zu den Facetten der brodelnden Gerüchteküche Stellung. Ergebnis: Er fühle sich in seiner "persönlichen Ehre" verletzt, sei tief betroffen. Doch klar sei auch:Er habe ein "schwieriges Amt" übernommen, so "schwierig" wie seine "Aufgabe" und derzeitige "Situation".

Das ist nicht erst seit den Vorermittlungen der Staatsanwaltschaft der Fall. Beispiel Nebentätigkeit: Pilz wird vorgeworfen, er sei Mitglied im Aufsichtsrat einer Signal-Iduna-Tochter und habe das nicht ordnungsgemäß angezeigt. Stimmt nicht, sagte der Polizeichef. Er habe die Tätigkeit angemeldet, lediglich die Genehmigung aus dem Ministerium fehle derzeit noch. Ja, mehr noch: Er habe das Amt seit Dezember vergangenen Jahres ruhen lassen und niemals Bezüge erhalten. Jürgen Schäfer, Sprecher der Signal-Iduna, bestätigte das. "Im Prinzip sei eine Vergütung vorgesehen", so die Aussage, Pilz habe diese aber "auf eigenen Wunsch nicht in Anspruch genommen". Beispiel Dienstfahrer: Hier lautet der Vorwurf, Pilz habe diesen privat genutzt - zum Lampenaufhängen beim Umzug, zum Beispiel. Stimmt auch nicht, meinte Pilz. "Ich habe eine gemalte, bezugsfertige Wohnung übernommen."

Aus dem Schneider ist Sachsens oberster Polizist deshalb nicht, und auch Minister Rasch hat weiter ein Problem. Denn Hintergrund der Vorwürfe gegen Pilz sind Indiskretionen aus dem Ressort, die Gegner befinden sich in unmittelbarer Nähe des Polizeipräsidenten. Hier tobt seit langem ein heftiger Machtkampf um die Führung. Bis heute hat Rasch die hausinternen Verwerfungen nicht in den Griff bekommen, und auch Pilz selbst räumte gestern ein, dass "Unruhe unter den Kollegen" herrsche - vor allem wegen der anstehenden Polizeireform.

Gravierender aber ist das akute Kopfschütteln in der CDU-Fraktion. Nach der Landtagswahl im September, so lautet die Linie allgemein, werde Regierungschef Georg Milbradt (CDU) seinen überforderten Minister aus dem Rennen nehmen. Und Rasch werde darüber noch nicht einmal besonders unglücklich sein.
(von Jürgen Kochinke)

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