Sächsische Zeitung, 12.03.2004
Neuer Druck auf Köhler: Strafanzeige gegen Ex-Staatssekretär
Gutachten von CDU-Schatzmeister entlastet
Wolfram Köhler, Ex-Staatssekretär und Ex-Oberbürgermeister von Riesa, steht auch ohne öffentliche Ämter weiter in der Diskussion.
Zwei Gutachten sollen seit geraumer Zeit Klarheit bringen, ob der CDU-Politiker während seiner Riesaer Amtszeit dafür sorgte, dass die eigene Ehefrau am Sponsorengeschäft rund um die örtliche Erdgas-Arena kräftig verdiente. Doch eines schmort angeblich in der Dresdner Staatskanzlei und das andere nachweisbar hinter verschlossenen Türen im Riesaer Rathaus. Dabei ist letzteres Papier sogar geeignet, Köhler zu entlasten. Auf sieben Seiten wird in dem Gutachten, das die Stadt Riesa beim Rechtsanwalt Jürgen Schwarz in Auftrag gab, bestätigt, dass es bei den Zahlungen an seine Frau juristisch korrekt zuging. 15 Prozent Provision, die sie von privaten Geldgebern kassierte, seien „branchenüblich“ und der Vertrag „sachgerecht“. Aus Geschäften, die Frau Köhler mit städtischen Firmen abschloss, stehen ihr zudem jährlich maximal 3 750 Euro zu. Komisch ist nur, dass Anwalt Schwarz auch Landesschatzmeister der CDU ist – der Partei von Köhler.
Das Gutachten, welches als Freibrief gelten könnte, zeigt aber auch, dass Köhlers Ehefrau vor allem aus einem Einzelgeschäft mit der Verbundnetz Gas AG, das rund 2,5 Millionen Euro umfassen soll, kräftig profitiert haben könnte. Zwölf weitere Sponsoren, die sie ebenfalls gewonnen hat, engagierten sich bei weitem nicht so stark.
Aber nicht nur das. Auch beim Besuch der Box-Legende Muhammad Ali in Riesa soll Familie Köhler gut verdient haben. Das vermutet der SPD-Landtagsabgeordnete
Karl Nolle, der gegen den Ex-Staatssekretär jetzt Strafanzeige wegen Untreue stellte. Neben dem Vorwurf „unsauberer“ Provisionsgeschäfte muss die Justiz nun prüfen, ob Köhlers Frau allein beim Ali-Besuch bis zu 150 000 Euro erhalten hat. So sollen dafür bis zu einer Million Euro gezahlt worden sein, darunter Beiträge der Stadtwerke Riesa und der Wohnungsgesellschaft. Wolfram Köhler selbst, so heißt es in der Anzeige, könnte zudem eine zusätzliche Provision erhalten haben.
Köhler wehrt sich heftig gegen die Anschuldigungen. Die genannten Summen seien „absurd“, auch wenn es möglich sei, dass seine Frau für Leistungen beim Ali-Besuch Geld erhalten habe. Doch gelte in dem Fall die bekannte Kappungsgrenze. Er selbst habe nichts bekommen.
Doch Nolle legt nach. Mit 15 parlamentarischen Anfragen zum „Verdacht der unzulässigen Vermischung von Amt und Privatgeschäften in Riesa“. Dabei zielt er auch auf Köhlers jahrelange Nebentätigkeit als Manager von Boxer Axel Schulz. Experten hätten ihm bestätigt, dass die Genehmigungen für eine gleichzeitige Arbeit als OB oder Staatssekretär „rechtswidrig“ seien. Nun fordert er Aufklärung. Und Nolle legt Feuer an eine neue Zündschnur, indem er von der Staatsregierung Auskunft über das Gutachten fordert, das das Regierungspräsidium Dresden zum Fall Köhler vorgelegt hat. Schmort dies tatsächlich in der Staatskanzlei, ist die Erklärungsnot dort bald groß.
(Von Gunnar Saft)