Sächsische Zeitung, 16.03.2004
Affäre um Polizeichef Pilz bleibt Fall für die Justiz
Neue Strafanzeige / Regierung kündigt Prüfbericht und personelle Konsequenzen an
In die schwelende Affäre um Sachsens Landespolizeipräsident Eberhard Pilz kommt offenbar Bewegung – personelle Konsequenzen eingeschlossen.
Nachdem Pilz alle gegen ihn gerichteten Vorwürfe, die vom Kollegen-Mobbing über die private Umzugshilfe durch Unterstellte bis zu Alkoholproblemen reichen, immer stoisch zurückgewiesen hat, bekam er dabei gestern erstmals Rückendeckung aus der Staatskanzlei.
Regierungssprecher Christian Striefler kündigte für den 31. März den Abschlussbericht des internen Prüfers an, der im Auftrag des Innenministeriums den größtenteils anonymen Vorwürfen gegen Pilz auf den Grund gehen soll. „Dieser Prüfbericht“, so legte sich Striefler bereits vorab fest, „wird die Grundlage für weitreichende Konsequenzen sein – auch personeller Art.“ Er wies damit die Kritik von SPD und PDS zurück, die CDU-Regierungschef Georg Milbradt Untätigkeit in dieser Angelegenheit vorwerfen.
In Politikkreisen wird aber davon ausgegangen, dass sich die angekündigten Konsequenzen nicht auf Pilz, sondern vielmehr auf dessen in der Bautzner Landespolizeischule vermutete Gegner beziehen. In den Blickpunkt rückt damit besonders Schulleiter Gerd Ley, der sich vom Innenministerium zu Unrecht als Drahtzieher der Vorwürfe gegen Pilz verleumdet sieht. Sein Anwalt Mark Hirschmann warnte die Regierung vor einem vorschnellen Bauernopfer: „Falls man meinen Mandaten dazu auserkoren hat, wird das ein mächtiger Bumerang.“
Mehrere Mitarbeiter der Polizeischule im Visier
Hirschmann verwies auf Unterlagen, die seiner Meinung nach klar aufzeigen, dass die vom Ministerium eingesetzten Prüfer sowohl bei der Befragung von Zeugen als auch bei den erfolgten Durchsuchungen der Polizeischule eine Reihe von Rechtsverstößen begangen haben. Gleichzeitig legte er mehrere Schriftsätze vor, die den Verdacht erhärten sollen, dass der vom Ministerium vorgebrachte Hauptvorwurf gegen Ley – fehlerhafte Antworten auf eine parlamentarische Anfrage des SPD-Abgeordneten
Karl Nolle – eine gezielte Intrige gewesen sein könnte, um den ungeliebten Ley zu Fall zu bringen.
Nichtsdestotrotz gerät nun auch die Polizeischule in der Affäre unter Druck. Nach SZ-Informationen ist bei der neuen Sondereinheit zur Korruptionsbekämpfung (Ines) gestern eine umfangreiche Strafanzeige gegen mehrere Mitarbeiter der Schule eingegangen.
Neben der Justiz wird sich in den nächsten Tagen aber auch der Landtag mit dem Fall beschäftigen. Die PDS-Fraktion reichte gestern ihren bereits angekündigten Antrag auf eine Sondersitzung des Innenausschusses ein. Die Sitzung muss nun bis spätestens Dienstag kommender Woche stattfinden.
CDU-Fraktionschef Fritz Hähle drängt inzwischen ebenfalls auf eine schnelle Klärung der Vorwürfe. „Im Interesse aller Beteiligten ist jetzt ein korrektes rechtstaatliches Verfahren notwendig, das notfalls auch den Schutz von Zeugen einschließt“, sagte er der SZ.
(Von Gunnar Saft)