Karl Nolle, MdL

Lausitzer Rundschau, 25.03.2004

Polizei-Affäre führt zu Sondersitzung des Landtages

PDS und SPD planen Abwahlantrag gegen Innenminister Rasch
 
In der Affäre um Sachsens Polizeiführung wollen PDS und SPD jetzt eine Sondersitzung des Parlaments einberufen. Die PDS-Fraktion wandelte dazu ihren Antrag auf Entlassung von Innenminister Horst Rasch (CDU) in einen dringlichen Antrag um. Damit sei die Grundlage für eine kurzfristige Sondersitzung gegeben, hieß es. Ein Termin könnte schon Ende nächster Woche zu Stande kommen.

Rasch sei „ersichtlich nicht mehr in der Lage, die Handlungsfähigkeit seines Ministeriums und der Polizeiführung wieder herzustellen“, heißt es in dem PDS-Antrag. Seit Wochen bekämpfen sich Führungskräfte der Polizei mit diversen Vorwürfen, Verleumdungen und Strafanzeigen. Im Mittelpunkt steht Landespolizeipräsident Eberhard Pilz, der die Vorwürfe jedoch zurückweist.

Die SPD-Fraktion wolle bei der Sondersitzung die Arbeit von Ministerpräsident Georg Milbradt (CDU) missbilligen lassen, erklärte Fraktionschef Thomas Jurk am Rande einer Klausur in Weinböhla. Milbradt hätte schon lange reagieren und den Chef des Innenministeriums entlassen müssen. Rasch trage die volle Verantwortung für die Demotivation der sächsischen Polizei, so Jurk. Milbradt solle Wirtschaftsstaatssekretärin Andrea Fischer zu Raschs Nachfolgerin ernennen.

Auf die lange Bank geschoben wurde unterdessen eines der Lieblingsprojekte von Rasch: Die Einführung des digitalen Funks bei der Polizei. Eigentlich wollte Rasch die Ablösung des veralteten, abhörbaren analogen Funks noch in dieser Amtszeit voranbringen. Doch Finanzminister Horst Metz (CDU) beschloss auf seinerSparliste die „Zurückstellung der Einführung des digitalen Sprech- und Datenfunksystems“. Das Einsparvolumen beläuft sich auf 21 Millionen Euro, fast der gesamte Betrag von 23,4 Millionen, der im Haushalt bereit stand.

PDS-Innenpolitiker Steffen Tippach reagierte auf die Kürzung verärgert: „Mit seiner Entscheidung für die Streichung der Mittel signalisiert Sachsen, dass es trotz der bevorstehenden Fußball-WM 2006 kein Interesse hat, in diesem Jahr mit dem Netzaufbau zu beginnen.“ Neben der Bundesrepublik habe nur Albanien in Europa kein Digitalfunknetz. „Dank Rasch und Metz wird dies im Freistaat vorerst auch so bleiben“, kritisiert Tippach.

Doch das Innenministerium weist die Kritik zurück. Bund und Länder hätten Ende 2003 eine Dachvereinbarung zum Digitalfunk beschlossen und eine Projektgruppe eingesetzt, das Papier habe Rasch Anfang März auch unterzeichnet, erklärt Innenministeriumssprecher Andreas Schumann. Bisher gebe es aber weder eine Ausschreibung noch Klarheit über die Gesamtkosten, die Experten auf drei Milliarden Euro schätzen. Auch die Frage der Kostenverteilung sei unklar, da der Bund nur 30 Prozent übernehmen will, die Länder aber 50 Prozent fordern. Angesichts dieser strittigen Fragen werde das Geld für den Digitalfunk in Sachsen dieses Jahr schlichtweg nicht benötigt, sagt Schumann.
(Von Sven Heitkamp)

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