Sächsische Zeitung, 26.03.2004
Der Detektiv als letztes aller Mittel
Vorstand Rainer Fuchs zum Betriebsklima, zu weniger guten Geschäften und neuen Ideen der Sachsen LB
Die Führung der sächsischen Landesbank (Sachsen LB) räumt Fehler im Beteiligungsgeschäft ein. Angebliche Mitarbeiter-Bespitzelung und Vetternwirtschaft weist Vorstand Rainer Fuchs im Gespräch mit der SZ vehement zurück.
Was hat der Sachsen-LB-Vorstand falsch gemacht?
Falsch? In welcher Hinsicht?
Die derzeitigen Schlagzeilen sind schlecht für die Bank.
Wir vermuten, Auslöser dafür ist der Streit mit dem Minderheitsgesellschafter unserer Leasing-Tochter MDL, Herr Hausbacher. Wir wissen, dass er über ein gutes persönliches Netzwerk verfügt. Dass unsere Auseinandersetzung mit ihm so ein pub-lizistisches Ausmaß annimmt, das haben wir allerdings nicht vermutet.
Aber Sie machten doch Herrn Hausbacher zwischenzeitlich zum Alleinvorstand der MDL.
Als Aufsichtsratschef habe ich dem zugestimmt, weil es damals, im Herbst 2002, nach dem Ausscheiden seines Kollegen keine Alternative gab. Zu dieser Zeit war uns aber das Ausmaß des Missmanagements in der MDL nicht bewusst. Erst Ende 2002 hatten wir konkrete Hinweise.
Trotzdem wurde die MDL im Geschäftsbericht 2003 gefeiert.
Das ganze Ausmaß der MDL-Misere wurde erst nach Auflage des Geschäftsberichts bekannt, durch die von uns eingesetzte neue Vorstandschefin Andrea Braun . . .
. . . die auch die Lebensgefährtin Ihres Vorstandskollegen Michael Weiss ist . . .
Das eine hat aber mit dem anderen nichts zu tun. Der Aufsichtsrat der MDL hat nur eine starke Persönlichkeit gegen Hausbacher gestellt. Sie hat ihren Job gut gemacht und uns über die Dimension des Misserfolgs bei der MDL in Kenntnis gesetzt.
Für ein Gehalt von 187 000 Euro im Jahr.
Das ist ein angemessener Betrag für die Verantwortung und immerhin deutlich weniger, als Herr Hausbacher verdiente.
Steckt der auch hinter dem Vorwurf, die Bank habe missliebige Mitarbeiter bespitzeln lassen.
Zumindest ist uns der Detektiv von Herrn Hausbacher empfohlen worden. Den Vorwurf der Bespitzelung weise ich zurück. Es gab insgesamt vier Aufträge an den Detektiv: Einer bezog sich auf ein mögliches betrügerisches Verhalten mehrerer Ex-Mitarbeiter, die anderen drei Aufträge löste unsere Personalabteilung aus, weil sie ein arbeitsrechtlich relevantes Fehlverhalten vermutete. Persönlich habe ich definitiv keinen Auftrag für Abhörmaßnahmen erteilt.
Es spricht nicht fürs Betriebsklima, wenn bei Mitarbeiter-Konflikten ein Privatdetektiv eingeschaltet wird.
Natürlich ist das das letzte aller Mittel. Diese vier Fälle waren die einzigen in zwölf Jahren Sachsen-LB. Arbeitsgerichte erwarten mitunter ein solches Vorgehen.
Es spricht auch nicht fürs Betriebsklima, wenn Medienvertreter Mails und Briefe Ihrer Mitarbeiter bekommen.
Wir strukturieren die Bank um, die Ansprüche an die Mitarbeiter sind sehr hoch. Da sind auch unzufriedene darunter.
In der Kritik steht aber auch die Beteiligungspolitik Ihres Hauses.
Einige Projekte, vor allem im elektronischen Bankgeschäft, sind wir vielleicht zu euphorisch angegangen. Die erhoffte Gesamtrentabilität wurde nicht erreicht.
Auch Ihr jüngstes Kind, die Setisbank, kränkelt.
Stimmt. Trotz eines guten Produktes fehlen ihr die Kunden, besonders die Sparkassen. Ich vermute, dass sie auf Grund ihrer Fusionsüberlegungen keine Kapazitäten für ein weiteres Technologieprojekt haben. Wir werden die Setisbank daher entweder verkaufen oder teilweise in die Sachsen LB zurückführen, den Rest abwickeln.
Warum beteiligt sich ihre Tochterfirma CFH mit Risikokapital an TechnologieFirmen in Israel?
Wir haben in der CFH Spezialisten, Biologen zum Beispiel. Wir investieren ohne regionale Restriktionen. Und zwar immer dann, wenn wir uns davon eine ordentliche Rendite beim Abstoßen der Beteiligung versprechen. In Israel zum Beispiel sind wir engagiert, weil dort viele ausgewanderte russische Spitzenwissenschaftler arbeiten.
Aber die CFH sieht rot.
2003 betrug das Minus etwa vier Millionen Euro.
Kein gutes Geschäft.
Das können Sie so nicht sagen. Die CFH investiert in die Zukunft, in junge Wachstumsfirmen. Da ist die Ausfallquote hoch. Das richtige Geschäft machen wir mit den zehn Prozent der Firmen, die überleben.
Wenn junge Wachstumsfirmen Ihr Schwerpunkt sind, warum beteiligen Sie sich dann an einem Ladenbauer in Hagen oder Sanitätshaus bei Hannover?
In Hannover hat sich die Entwicklung nicht so eingestellt, wie wir hofften. Dort haben wir unseren Verlust begrenzt. Der Ladenbauer in Hagen ist insolvent, da haben die Kollegen daneben gelegen.
Und die Konsequenzen?
Trotz diverser Rückschläge werden wir das Beteiligungsgeschäft ausbauen. Wir haben dafür einen neuen Vorstand. Derzeit ist diese Sparte zu zersplittert. Sie bekommt eine bessere Struktur und wird verstärkt kontrolliert werden.
Über zwei Töchter in Düsseldorf und München finanzieren Sie Hollywood-Filme, Flugzeuge, Auslandsimmobilien. Was hat die Bank davon?
Wir erwirtschaften daraus als Bank – und damit für Sachsen – hohe Provisions- und Zinserträge. 2003 betrug allein der Provisionsgewinn daraus rund 7,8 Millionen Euro. Was die Risiken angeht: Wir haben ausreichend vorgesorgt, so für Flugzeug-Finanzierungen bei angeschlagenen Gesellschaften wie United Airlines und Swiss Air.
Die Produkte der Münchner Sachsen-Fonds-Gruppe finden in Sachsen kaum Absatz.
Ja, leider. Die meisten Fondsanteile verkaufen wir in Baden-Württemberg. Wir müssen in diesem Punkt intensiver mit den sächsischen Sparkassen zusammenarbeiten.
Das Teamwork zwischen Leipzig und Ihrer Tochter in Dublin hingegen funktioniert?
Ohne unser Team in Dublin sähe das Ergebnis der Sachsen LB weniger gut aus. Für 2003 wird Dublin an uns eine Dividende von 25 Millionen Euro ausschütten.
Es gibt Zweifel, dass der Bestand der Anlagen in Irland nicht korrekt bewertet ist.
Das ist Quatsch.
Wenn Ihr Team in Dublin so gut ist, warum gründen die Führungskräfte dieses Teams eine eigene Gesellschaft, um Sachsen-LB-Vermögen zu verwalten?
Schon jetzt verdienen die vier Spitzenleute in Dublin gutes Geld. Banken in London aber bieten ihnen das Fünffache. Weil wir diese vier Leistungsträger halten wollen, mussten wir für sie einen neuen Anreiz schaffen. Der ist diese neue Gesellschaft.
Wie sieht er aus, „der Anreiz“?
Wir haben in die neue Vermögensverwaltungsgesellschaft 100 Millionen Euro investiert, für die wir strenge Anlagekriterien vorgegeben haben. Die Sachsen LB zahlt dafür eine Verwaltungsgebühr von zwei Millionen Euro. Hiervon muss die Gesellschaft die Gründungskosten bestreiten und weitere Team-Mitglieder bezahlen. Nur wenn die neue Gesellschaft aus den 100 Millionen Euro in einem Jahr mindestens 110 Millionen Euro macht, fließt ihnen anteilig etwas vom Gewinn zu: 20 Prozent der Summe, die über diesen 110 Millionen Euro liegt. Der Rest geht an uns.
Warum wurde das Kontrollgremium der Sachsen LB, der Verwaltungsrat, nicht über die neue Gesellschaft informiert?
Das ist nicht zustimmungspflichtig.
Ist Ihr Draht zu Teilhabern dieser Gesellschaft nicht zu eng?
Nein. Ich vertraue ihnen. Zwei dieser Spitzenleute in Irland kenne ich seit mehr als 15 Jahren. Wir haben zusammen unseren ersten Bankjob gemacht.
Gespräch: Ulrich Wolf