Sächsische Zeitung, 27.03.2004
„Eine Gespensterdebatte“
Disziplinarrechtliche Schritte gegen Pilz / Personalrat schaltet Datenschützer ein
In der Polizeiaffäre hat der Personalrat des Innenministeriums jetzt den Datenschutzbeauftragten Andreas Schurig eingeschaltet. Von ihm erhofft sich der Personalrat Vorschläge, wie Mitarbeiter, die gegen Landespolizeipräsident Eberhard Pilz aussagen wollen, geschützt werden können. „Die Hausspitze hat anerkannt, dass die Suche nach Möglichkeiten eines wirksamen ,Zeugenschutzes‘ von ihr unterstützt werden muss“, schrieb der Personalrat gestern an alle Beschäftigten des Ministeriums.
Für die Vorwürfe, die in den vergangenen Wochen gegen Pilz erhoben wurden, gibt es bisher keine Beweise. Der Personalrat erhofft sich offenbar eine Aufklärung der Affäre von Zeugen, denen Anonymität zugesichert wird. Aus Angst vor Repressalien würden Mitarbeiter, die über Informationen verfügen, lieber schweigen, heißt es in Polizeikreisen. Der stellvertretende Datenschutzbeauftragte Dieter Schrader sagte gestern der SZ, in der nächsten Woche sei ein Treffen mit der Mitarbeitervertretung vorgesehen. Dem Anliegen, anonyme Anschuldigungen zu sammeln und an die Ermittlungsbehörden weiterzuleiten, erteilte er allerdings eine deutliche Absage: „Das sieht unsere Rechtsordnung gar nicht vor.“
Wer belastet werde, müsse sich dagegen zur Wehr setzen können. Das sei bei anonymen Vorwürfen aber unmöglich. Schrader: „Solange wir uns nicht im Bereich der Terrorbekämpfung befinden, kann es auch keine Kronzeugenregelung oder ähnliches geben.“ Das ganze sei eine „Gespensterdebatte“.
Unterdessen bestätigte das Innenministerium, wegen der angeblichen privaten Nutzung von Dienstwagen disziplinarrechtliche Vorermittlungen gegen Landespolizeipräsident Eberhard Pilz eingeleitet zu haben. Und das, obwohl Innenminister Horst Rasch (CDU) stets beteuert, dass die Vorwürfe gegen Pilz substanzlos seien. Ministeriumssprecher Andreas Schumann sagte dazu, dieses Verfahren sei üblich, nachdem die Staatsanwaltschaft deswegen ein Vorermittlungsverfahren eingeleitet habe. Das stimmt nicht ganz. Gegen den inzwischen ins Umweltministerium abgeschobenen Zentralabteilungsleiter im Innenressort verzichtete der Minister trotz einer Strafanzeige ganz ausdrücklich auf disziplinarrechtliche Schritte.
Gestern räumte Pilz erstmals ein, als Mitglied des Aufsichtsrats in der Polizeiversicherungs AG Geld bekommen zu haben. Für zwei Treffen 2003 wurden ihm je 260 Euro Sitzungsgeld überwiesen, gab Pilz auf Nachfragen an. In den vergangenen Wochen hatte er auf Fragen nach der Vergütung für das umstrittene Mandat stets ausweichend geantwortet. Die Jahresvergütung von 1 100 Euro habe er nicht erhalten, hatte Pilz betont. Das Mandat in dem Aufsichtsrat hat der oberste Polizist Sachsens in dieser Woche offiziell niedergelegt. Die Tätigkeit ist laut Innenministerium nicht genehmigungsfähig.
(Von Karin Schlottmann)