BILD Dresden, 29.03.2004
Herr Ministerpräsident, warum haben Sie das bezahlt?
60.000 Euro für TV-Serie, die nie gezeigt wird
“Liebe Zuschauer, diese Sendung wurde Ihnen präsentiert vom Freistaat Sachsen. Finanziert von Ihren Steuergeldern.” Ihr Ministerpräsident Georg Milbradt
So könnte demnächst eine ARD-Serie enden! Georg Milbradt (58, CDU) wies Innenminister Horst Rasch (50, CDU) an, 60.000 Euro an MDR Moderatorin Birgit von Derschau („Kripo live") zu bezahlen. Die hatte angeboten, eine Serie (Arbeitstitel „Sherlock") über die Arbeit der Sächsischen Polizei zu produzieren.
Der 13-Teiler sollte im öffentlich-rechtlichen Fernsehen gezeigt werden. Vom Freistaat gekaufte Sendezeit, um in der Öffentlichkeit gut dazustehen.
Frau von Derschau schrieb in einem Bettelbrief wörtlich an Milbradt: „Ich bitte zu prüfen, inwieweit der Freistaat Anschubfinanzierung leisten kann." Milbradt reagierte prompt. „Bitte positive Antwort", vermerkte er handschriftlich auf dem Brief (liegt BILD vor). Und Rasch zahlte rasch die 60.000 Euro.
Medienwissenschaftler Prof. Wolfgang Donsbach (54) von der Uni Dresden ist über diese Verknüpfung von Politik und öffentlichrechtlichen Medien entsetzt: „Sehr bedenklich! Es entstehen Abhängigkeiten des Senders."
Medienrechtler Prof. Dr. ]an Hegemann (40) sagt deutlich: „Beiträge, die von der Regierung beauftragt wurden, müssen als solche gekennzeichnet sein. Neutrale Berichterstattung ist sonst gefährdet."
Brisant: Frau von Derschau (CDU-Mitglied), hatte 2000 und 2001 einen Beratervertrag mit dem Innenministerium. „Dafür wurde sie von uns bezahlt", gibt Ministeriums-Sprecher Andreas Schumann (32) zu. Honorar - geheim.
Regierungssprecher Dr. Christian Striefler verteidigt das Projekt: „Es geht bei der Serie um den Schutz von Kindern vor Verbrechen. Deshalb hielt der Ministerpräsident die Idee für unterstützens wert."
Und was ist nun mit der Serie? Das Konzept steht, aber von welchem Sender es verfilmt wird, steht wohl in den Sternen.
(von Andreas Harlass)