DNN/LVZ, 02.04.2004
Prüfbericht mit Sprengstoff für Polizei
Dresden. Er ist 102 Seiten dick, hat 79 Anlagen und birgt eine Menge Sprengstoff: Der interne Prüfbericht des Sonderermittlers der Staatsregierung. Hans-Heinrich Brockmann bestätigt die Vorwürfe gegen mehrere Führungskräfte der Landespolizeischule und gegen einen hohen Beamten im Innenministerium. Gestern zog Minister Horst Rasch (CDU) personelle Konsequenzen. Einem Beamten der Polizeischule in Bautzen wurde die Wahrnehmung der Dienstgeschäfte sowie das Tragen der Uniform und einer Waffe verboten.
Zwar wollte Rasch den Namen gestern nicht nennen, doch klar ist, wer gemeint war: Der Leiter der Polizeischule selbst, Gerd Ley. Gegen ihn soll nun ein Disziplinarverfahren laufen. Darüber hinaus wurde gestern bekannt, dass ein weiterer Polizeilehrer im Zuge des Berichts die Bautzener Polizeischule in Kürze verlassen soll. Es sei geplant, Michael Hauck in einen nachgeordneten Bereich des Kultusressorts zu versetzen, hieß es gestern in Dresden.
Dabei zielt der Brockmann-Bericht vor allem auf Ley. So wirft der interne Ermittler dem Polizeichef über 300 Privatfahrten mit dem Dienstwagen vor. Darüber hinaus hätten mehrere Zeugen bekundet, dass die Infrastruktur der Landespolizeischule unter seiner Leitung für den privaten "Förderkreis für Demokratie und innere Sicherheit" zweckentfremdet worden sei, hieß es gestern in Dresden. Beides hatten die Anwälte von Ley zuvor vehement dementiert.
Prekär wird die Lage für Ley aber aus einem weiteren Grund. Laut Bericht soll sich ein zweiter Computer in den Diensträumen der Landespolizeischule befunden haben, der nicht an den Server angeschlossen war. Bei einer Durchsuchung der Schule durch Beamte des Landeskriminalamts (LKA) seien alle Daten auf dem PC gelöscht gewesen. Anschließend aber sei es LKA-Spezialisten gelungen, die Datensätze zu rekonstruieren. Ergebnis: Darauf befanden sich Schreiben, Abrechnungen sowie Mitgliederlisten des Förderkreises.
Rasch sagte gestern, "erhebliche Missstände" hätten sein Einschreiten erforderlich gemacht. Er warf den Betroffenen eine Vermischung von privaten und dienstlichen Belangen vor. Die Polizeichefs hätten "auch sonst nicht immer korrekt gehandelt". Konsequenzen gibt es für die Polizeischule insgesamt. Deren Selbstständigkeit habe ein Ende, sie werde enger in das Aus- und Fortbildungswesen der Polizei integriert. Rasch: "Es muss Luft an ein Geflecht von Beziehungen, das nicht zuträglich ist." Bestätigt haben sich auch Vorwürfe gegen den Referatsleiter Berni H. Er war im Innenministerium für Korruptionsbekämpfung verantwortlich und wird jetzt selbst der Untreue beschuldigt. Berni H. ist inzwischen vom Dienst suspendiert, gegen ihn ermittelt die Staatsanwaltschaft.
Vorwürfe gegen Landespolizeipräsident Eberhard Pilz - Privatnutzung seines Dienstfahrers oder sexuelle Belästigung - wurden nicht näher untersucht. Der Ermittler habe in dem Fall die Substanz vermisst, sagte Rasch. Der Minister bestätigte eine "Fortbildungsreise" von 33 Mitarbeitern des Dresdner Polizeipräsidiums im April 2002 die auch zur Wasserschutzpolizei und zur Davidswache auf der Reeperbahn in Hamburg führte - damals noch unter Pilz.
(Sven Heitkamp und Jürgen Kochinke)