Lausitzer Rundschau, 02.04.2004
Prüfbericht erhärtet Vorwürfe gegen Polizei-Chefs
Minister zieht Konsequenzen / Heute Sondersitzung des Landtages
Er ist 102 Seiten dick, hat 79 Anlagen und birgt eine Menge Sprengstoff. Der interne Prüfbericht des Sonderermittlers der Staatsregierung, Hans-Heinrich Brockmann, der gestern vorgelegt wurde, bestätigt die Vorwürfe gegen mehrere Führungskräfte der Landespolizeischule und gegen einen hohen Beamten im Innenministerium. Minister Horst Rasch (CDU) hat jetzt personelle Konsequenzen gezogen.
Einem leitenden Beamten der Landespolizeischule in Bautzen, so Rasch, wurde bereits die Wahrnehmung der Dienstgeschäfte sowie das Tragen der Uniform und einer Waffe verboten. Nach Informationen der SPD-Landtagsfraktion handelt es sich dabei um den Leiter der Polizeischule, Gerd Ley. Gegen ihn soll nun ein Disziplinarverfahren laufen. Ein weiterer Angestellter sei unterdessen in eine andere Landeseinrichtung versetzt worden. Zudem würden ein weiteres disziplinarisches Vorverfahren und staatsanwaltliche Ermittlungen gegen Mitarbeiter der Schule geführt. Details wurden aber noch nicht benannt.
Rasch sagte, „erhebliche Missstände“ hätten sein Einschreiten erfordert. Er warf den Betroffenen eine Vermischung von privaten und dienstlichen Belangen vor. Sie sollen in großem Umfang die Infrastruktur der Schule für die Arbeit ihres privaten „Förderkreises Demokratie und Innere Sicherheit“ genutzt haben. Die Betroffenen hätten auch sonst nicht immer korrekt gehandelt, so Rasch, In einem Zeitungsbericht wird Ley vorgeworfen, seinen Dienstwagen rund 200-mal für Privatfahrten genutzt zu haben.
Konsequenzen gibt es auch für die Polizeischule: Deren vollständige Selbstständigkeit habe ein Ende, sie werde enger in das Aus- und Fortbildungswesen der Polizei integriert. Rasch: „Es muss Luft an ein Geflecht von Beziehungen, das nicht zuträglich ist.“
Bestätigt haben sich auch Vorwürfe gegen den Referatsleiter Berni H. Er war im Innenministerium unter anderem für Korruptionsbekämpfung verantwortlich und wird jetzt selbst der Untreue und des Betruges beschuldigt. Berni H. ist inzwischen vom Dienst suspendiert, gegen ihn ermittelt die Staatsanwaltschaft. Auch ein Disziplinarverfahren läuft.
Vorwürfe gegen Landespolizeipräsident Eberhard Pilz – etwa wegen Alkoholmissbrauchs und sexueller Belästigung von Mitarbeiterinnen – wurden von der Ermittlungseinheit nicht näher untersucht. Er vermisse in dem Fall die Substanz, so Rasch. Allerdings laufen auch gegen Pilz disziplinarische und staatsanwaltliche Vorermittlungen.
Der Minister bestätigte unterdessen eine Fortbildungsreise von 33 Mitarbeitern des Dresdner Polizeipräsidiums im April 2002 – damals noch unter Pilz – die auch zur Wasserschutzpolizei und zur Davidswache auf der Reeperbahn in Hamburg führte. Die Reise soll nach einem Zeitungsbeitrag von der Signal-Iduna-Versicherung gesponsert worden sein.
Für den Prüfbericht der „Ermittlungseinheit Sonderfälle“ (ES) seien Belege und Akten gesichtet sowie 20 Personen befragt worden, berichtete Rasch. Die Betroffenen seien jedoch nicht darunter gewesen. Die Prüfer seien dazu nicht verpflichtet. Sie fürchteten offenbar Verdunklungsgefahr – es hätte sein können, dass Unterlagen verschwinden, hieß es.
Die Vorfälle werden heute auch bei einer Sondersitzung des Landtages eine Rolle spielen. Die PDS beantragt Raschs Absetzung, die SPD will Regierungschef Georg Milbradt die Missbilligung aussprechen lassen.
(von Sven Heitkamp)