LVZ/DNN, 03.05.2004
Hanjo Lucassen: Pläne für Arbeiterpartei gären weiter
Dresden. Der Vorstoß sorgte für heftigen Zoff in der SPD. Ausgerechnet ihr Landtagsabgeordneter Hanjo Lucassen, der zugleich Chef des DGB in Sachsen ist, dachte öffentlich über die Gründung einer "Sächsischen Arbeiterpartei" (SAP) nach. Eine solche Linkspartei könne bei der Landtagswahl im September, so Lucassen Anfang April, ein zweistelliges Ergebnis erreichen. Ein Spiel mit dem Feuer: Denn eine Abspaltung ist das Letzte, was die gebeutelte SPD in diesem Wahljahr noch gebrauchen kann.
Er habe damit aber "einen dicken Stein ins Wasser werfen wollen", sagte Lucassen gestern der DNN. Die SPD müsse wieder deutlich machen, dass sie nach wie vor zu ihren sozialdemokratischen Werten stehe. Was der 59-Jährige konkret fordert, hatte er in einem der DNN vorliegenden Brief an Parteichefin Constanze Krehl und Fraktionschef Thomas Jurk mit einem Zwölf-Punkt-Katalog für das neue Wahlprogramm klar gemacht. So sollten das Kapitel über Wirtschaft, Arbeit und Ausbildung - statt der Bildung - an erster Stelle stehen sowie fehlende Kapitel über den demographischen Wandel, den Fachkräftebedarf und über sozialpolitische Positionen eingefügt werden. Lucassen forderte zudem die Abschaffung der Praxisgebühr, Aussagen zum geplanten Arbeitslosengeld II, ein Tariftreuegesetz und Neuverhandlungen über die Grundschullehrer in Teilzeit. "Die Interessen von Arbeitnehmern und sozial Schwachen", so Lucassen, seien "nicht ausreichend berücksichtigt".
Zur Nagelprobe wird der außerordentliche Programmparteitag am kommenden Sonntag in Coswig. Nach internem Zoff und Gesprächen mit SPD- und DGB-Spitzen hoffen beide Seiten dort auf eine Einigung. Die Antragskommission habe bereits wesentliche Punkte seines Forderungskataloges zu Wirtschaft, Arbeit und Sozialpolitik aufgenommen, so Lucassen.
Abstand wollte er von der Idee der SAP indes noch nicht nehmen. Es gebe diese Woche weitere Gespräche. "Wir sind aber auf dem Weg der Annäherung", so Lucassen.
Auf Bundes- und Landesebene sei zudem eine engere Zusammenarbeit von Partei und Gewerkschaften vereinbart worden. Mit einer neuen Arbeitsgruppe gebe es nun ein Instrumtent für verbindliche Absprachen. "Die Partei muss zeigen, wie sie mit uns umgeht", sagte der DGB-Chef. Es geht dabei um Streitthemen wie Niedriglöhne im Osten, Mindestlöhne und die Höhe des Arbeitslosengeldes II. Eine Absenkung auf Sozialhilfeniveau sei den Menschen nicht zuzumuten, so Lucassen. Statt dessen müsse die SPD wieder als sozialdemokratische Interessenvertretung erkennbar sein. Unter dem Eindruck der Wahlerfolge und Umfragewerte der CDU schien da in letzter Zeit, so Lucassen, "etwas verrutscht zu sein".
Ob er selbst wieder für einen aussichtsreichen Listenplatz in der SPD antreten will, ließ der Gewerkschaftschef weiterhin offen.
(von Sven Heitkamp)