Karl Nolle, MdL

Freie Presse Chemnitz, 05.05.2004

Staatsanwaltschaft durchsucht Ministerium

Verdacht auf riesigen Subventionsbetrug - Hoher Beamter verhaftet - Polizei nimmt in Zwickau Mitarbeiter einer Qualifizierungsgesellschaft fest
 
Dresden. Sachsen wird vom bisher größten Subventionsbetrug erschüttert. Der Dresdner Oberstaatsanwalt Claus Bogner rechnet mit der Zweckentfremdung von rund -21 Millionen Euro. Sie sollten eigentlich zur Qualifizierung von Mitarbeitern der Sachsenring Fahrzeugtechnik in Zwickau und des Zentrums für Mikroelektronik (ZMD) in Dresden eingesetzt werden. Die 1999 gegründete Qualifizierungsgesellschaft für Mikroelektronik und Fahrzeugtechnik (QMF) in Dresden steht im Mittelpunkt der Untersuchungen. Bei Razzien in 33 Objekten in sechs Bundesländern nahm die Polizei gestern in Zwickau einen Mitarbeiter der im Januar in Insolvenz gegangenen Firma fest. Spektakulären Charakter hatte die zeitgleiche Durchsuchung von Räumen des Dresdner Wirtschaftsministeriums durch sieben Mitarbeiter der Antikorruptionseinheit INES und des Landeskriminalamtes.

Wegen des dringenden Verdachts des Subventionsbetruges nahm die Staatsanwaltschaft den ehemaligen Abteilungsleiter für Arbeitsmarktpolitik in Haft. Bestechlichkeit und persönliche Vorteilsnahme hätten dabei keine Rolle gespielt, betonte Bogner. Der Abteilungsleiter, der als Vertrauter von Ex-Minister Kajo Schommer galt, war von dessen Nachfolger Martin Gillo in den Ruhestand versetzt worden.

Wirtschaftsstaatsekretärin Andrea Fischer räumte ein, schon zum Zeitpunkt ihres Dienstantritts vor zwei Jahren Hinweise auf Unregelmäßigkeiten beim Einsatz von Fördergeld aus dem Europäischen Sozialfonds (ESF) erhalten zu haben. Eine Personalrotation auf Abteilungsleiterebene habe dem Ziel gedient, „erste Stränge abzuschneiden". Die Förder-Entscheidungen hätten nicht getroffen werden dürfen, bestätigte die Staatssekretärin.

Der Beschäftigung mit der Flutkatastrophe schreibt Fischer die Tatsache zu, dass erst 2003 intensive Prüfungen einsetzten. Die Innenrevision des Ministeriums habe sich in den Fall im November 2003 eingeschaltet, ebenso eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft. Im Januar schließlich sei der Fall der Staatsanwaltschaft übergeben worden.

Den Kreis der Beschuldigten bezifferte Oberstaatsanwalt Bogner mit 16, vier davon stammen aus dem Wirtschaftsministerium. ExMinister Schommer stehe nicht auf der Liste der Beschuldigten.

15 Mitarbeiter sind laut Staatssekretärin Fischer intern gehört worden. Es handele sich nicht um eine „Vorverurteilung irgendwelcher Personen". - Seite 4: Bericht und Kommentar
(von Hubert Kemper)

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