Leipziger Volkszeitung LVZ/DNN, 10.05.2004
SPD rügt den "Nicht-Sachsen" Milbradt
Dresden. Am Sonntag um halb zwölf herrscht bei Sachsens SPD ein liebenswerter Stil. Thomas Jurk, Fraktionschef und Spitzenkandidat für die Landtagswahl, bekommt nach seiner Rede donnernden Beifall, geht aufs Podium zu seiner Rivalin, Parteichefin Constanze Krehl, und reißt mit ihr die Arme hoch. Sie hätten sich - besser als gedacht - zusammengerauft, sagt Jurk. Politik braucht solche Bilder, zumal nach langen Grabenkämpfen, und der Saal in der "Börse" in Coswig will gar nicht aufhören, zu klatschen. Vorerst. Denn kurz darauf lässt eine knappe Mehrheit der Genossen die Präambel des Wahlprogramms durchfallen. Erst nach Korrekturen nehmen es die 120 Delegierten einstimmig an.
Dabei hat die SPD Großes vor. Jurk kündigt an, bei der Landtagswahl nicht nur die absolute Mehrheit der CDU brechen, sondern auch in Regierungsverantwortung kommen zu wollen. Da er an einen Sieg von PDS-Spitzenkandidat Peter Porsch nicht glaubt, kann dahinter nur die Idee eines Junior-Partners der CDU stecken. Jurk und Krehl halten sich jedoch alles offen. Über Koalitionen werde nach der Wahl gesprochen.
Hoffnung macht der SPD, dass ihr nach dem 10,7-Prozent-Debakel von 1999 eine aktuelle Umfrage 17 Prozent (wie auch der PDS) vorhersagt. So will Krehl "die Burg der CDU angreifen, stürmen und schleifen". Das "inkompetente Kabinett" von Regierungschef Georg Milbradt könne "mit seinen peinlichen Auftritten ins Guinnessbuch der Rekorde aufgenommen werden". Zudem spielt Krehl eine neue Karte: Milbradt, der Nicht-Sachse, sei nicht gut für Sachsen. Der Münsterländer habe kein Gefühl für das Land.
Bildung, Wirtschaft und Arbeit stehen im Mittelpunkt des SPD-Wahlprogrammes, ein Beschäftigungspakt, ein Mittelstandsfonds und die Forderung nach Mindestlöhnen auch. Dennoch hat die Partei Krach mit den Gewerkschaften. Erst auf ihren Druck hin habe sich die SPD bewegt, sagt DGB-Chef Hanjo Lucassen dieser Zeitung. Der Abgeordnete fordert, Sachsens SPD - vor allem ihr Minister im Kanzleramt, Rolf Schwanitz, - müsse sich endlich zu den drohenden, harschen Einschnitten beim Arbeitslosengeld II äußern. "Das Stimmungshoch, das hier beschworen wird", sagt Lucassen, "ist nicht da". Bei der Parteispitze stößt dies auf Unverständnis. "Die SPD steht geschlossen", sagt zumindest Thomas Jurk.
(S. Heitkamp)