Leipziger Volkszeitung, 18.05.2004
Weißgerber wettert gegen Steinbach
Leipzig. Ein politischer Seitenwechsel hat immer einen faden Beigeschmack. Er verprellt die einstigen Parteikollegen und bringt den Wechselnden in den Zugzwang, nun entgegengesetzte politische Ansichten zu vertreten. So geht es auch Leipzigs Regierungspräsidenten Walter Christian Steinbach.
Wie schwer sein Übertritt von der SPD zur CDU einigen Genossen im Magen liegt, zeigt die Reaktion des SPD-Bundestagsabgeordneten Gunter Weißgerber auf ein Interview Steinbachs in unserer Zeitung. Die finanzielle "Handlungsfähigkeit der Kommunen" werde "seitens des Bundes gegen die Wand gefahren", klagte der Regierungspräsident am Sonnabend. "Unbedarft und unwissend" sei diese Äußerung zu politischen Themen, findet Weißgerber. Aber das könne man Steinbach ja nicht übel nehmen, schließlich habe er doch mit politischen Prozessen in direkter Weise nichts zu zu, sondern sei ein "Beamter" und "Verwaltungsmensch". "Vor drei Jahren hätte er als SPD-Mitglied die Dinge anders gesagt. Es ist unfair, jetzt die Schuld an allem der rot-grünen Regierung in Berlin zu geben und die Verantwortung der alten Kohl-Regierung zu ignorieren", schimpft Weißgerber. Dessen Worte klingen so, als sei er von Steinbachs Äußerungen auch persönlich beleidigt. "Wir haben uns extrem bemüht, die Kommunen zu entlasten, aber die unionsgeführten Länder haben im Bundesrat vieles blockiert", so Weißgerber.
In Sachsen gehe es den Kommunen vergleichsweise schlecht, während es dem Freistaat eher gut gehe. Dort liegen für Weißgerber Möglichkeiten, die finanzielle Lage der Städte und Gemeinden aufzubessern. "Das Finanzausgleichsgesetz sollte einfach zugunsten der Kommunen angewandt werden", fordert der Leipziger. Der Freistaat betreibe seine solide Finanzpolitik nämlich auf Kosten der Kommunen, so Weißgerber. Doch darauf könne Steinbach nicht hinweisen, vermutet er. Schließlich würde er mit dieser Kritik seine neuen Parteikollegen in der Landesregierung treffen.
(von Andreas Friedrich)
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