DNN/LVZ, 26.05.2004
Umstrittene Beraterverträge kosten Sachsen Millionen
Dresden. Als vor fünf Monaten die Debatte um Beraterverträge den Freistaat erreichte, drehte sich die Kritik vor allem um den so genannten "InfoHighway". Immerhin 2,2 Millionen Euro flossen seit 1999 in das Projekt der Staatskanzlei zur elektronischen Ämtervernetzung. Der SPD-Abgeordnete Joachim Schulmeyer sprach von einem "Schattenkabinett von Beratern", und die CDU-Regierung zierte sich - keine konkrete Aussage zu beteiligten Firmen, vor allem keine Namen. Das hat sich jetzt geändert, und das Dunkel lichtet sich. Nach einer Anfrage des PDS-Abgeordneten Heiko Hilker wurden in 15 Fällen Beraterkosten zum "InfoHighway" fällig, das Geld aber ging nur an zwei Firmen.
Im Zentrum dabei steht die "juristische Unterstützung". Exakt elf Verträge schloss der Freistaat zum Thema ab, doch meist fällt nur ein Name: BBLP. Die Anwaltskanzlei mit Dependance in Leipzig kassierte 1,6 Millionen Euro allein für juristischen Beistand. Besonders erklärungsbedürftig sind die Kosten 1999. Noch unter Ex-Regierungschef Kurt Biedenkopf (CDU) erhielten die BBLP-Anwälte in diesem Jahr rund 923 000 Euro - sauber gestückelt in sechs Einzelverträge.
Hilker findet das "äußerst dubios". Zum einen gebe es "im Justizressort genug Juristen", die Beratung sei überflüssig. Darüber hinaus kritisiert er die Aufteilung der Kosten. Begründung: Wer stückele, wolle häufig verschleiern - zum Beispiel Grenzwerte für Ausschreibungen umgehen. Die Staatskanzlei sieht das ganz anders, verweist auf dicke Vertragswerke und die "sehr spezielle Rechtsmaterie". Die Stückelung im Jahr 1999 wiederum habe rein "haushaltsrechtliche Gründe", meint Regierungssprecher Christian Striefler, auch hier sei alles rechtmäßig verlaufen.
Wie prekär die Debatte um die Beraterfirmen dennoch ist, zeigt das Tauziehen im Vorfeld. Führte die Staatsregierung im Dezember noch "datenschutzrechtliche Gründe" ins Feld, um Details zu verschweigen, so machte ihr kurz danach das Landesverfassungsgericht einen Strich durch die Rechnung. In der Regel seien die Namen zu nennen, meinten die Richter am 29. Januar 2004. Die Staatsregierung musste sich beugen. Folge ist, dass jetzt weitere Einzelheiten zu den üppig honorierten Kontrakten auf dem Tisch liegen. Mindestens 224 Verträge mit Beratern, Gutachtern und Werbefirmen schloss die Regierung seit 1999 ab, das Gesamtvolumen beträgt rund 15 Millionen quer verteilt über alle Ressorts.
Neben dem Problemfeld "InfoHighway" befinden sich auch einige Kuriositäten darunter. Das Sozialministerium zum Beispiel kaufte für 4000 Euro externen Sachverstand zu einem bedeutenden Thema ein: "Straußenhaltung in Deutschland"; das Landwirtschaftsministerium bezahlte 2000 Euro für die Beratung zur "Partnerschaft zu Kasachstan"; die Staatskanzlei gab 1999 Thomas de Maizière (CDU) 37F000 Euro für die "Koordinierung der Ost-Ministerpräsidenten-Konferenz" - der Vertrag endete, als de Maizière ins Kabinett rückte.
Doch auch das Wirtschaftsministerium ließ sich nicht lumpen. 2003 reichte das Ressort von Martin Gillo (CDU) 110 000 Euro an Prinz Alexander von Sachsen aus, Kontaktpflege zu "in- und ausländischen Unternehmen" hieß das weit gefasste Thema. Und schließlich gab es gar ein Gutachten zu einem Gutachten in Auftrag. "Erarbeitung einer Stellungnahme, ob die Kernaussage zutrifft", lautet der makabre Titel zum insolventen Abfallverwerter Schwarze Pumpe. Kostenpunkt: 18 000 Euro.
(Jürgen Kochinke)