Sächsische Zeitung - sz-online, 02.06.2004
"Skandal": CDU verschiebt Zeugenbefragung
Sachsenring-Affäre: Rittinghaus und Schommer nicht vernommen - Opposition kündigt Verfassungsklage an
Dresden - Die CDU hat Kraft ihrer Mehrheit die Vernehmung von Zeugen im Sachsenring-Untersuchungsausschuss am Mittwoch verhindert und auf den 21. Juni verschoben. Ursprünglich sollten erneut der frühere Sachsenring-Vorstand Ulf Rittinghaus und Ex- Wirtschaftsminister Kajo Schommer (CDU) vernommen werden. Die CDU will vor einer weiteren Befragung zunächst Akten im Zusammenhang mit dem mutmaßlichen Fördermittelbetrug der Weiterbildungsgesellschaft QMF studieren. Die Opposition sprach von einem Skandal und kündigte wegen Verletzung des Minderheitenrechtes Verfassungsklage an. Aus Protest verließen die Abgeordneten den Ausschuss.
"Die CDU versucht, die Untersuchung zu behindern", sagte SPD- Obmann
Karl Nolle und bezeichnete das Verhalten als "Unverschämtheit". Das Erinnerungsvermögen der Zeugen Rittinghaus und Schommer sei nicht dadurch bestimmt, ob die CDU irgendwelche Akten lese. Mit einer Verschiebung gebe es nicht genügend Zeit, bis Ende der Legislaturperiode des Landtags das Verfahren ordnungsgemäß abzuschließen. Schommer solle offenbar für seine Zeugenaussage präpariert werden. PDS-Obmann Klaus Tischendorf warf der CDU vor, die Verlegung mit Blick auf negative Auswirkungen im Wahlkampf durchgesetzt zu haben.
Die CDU widersprach. Für ein geordneten Untersuchungsverfahren sei es angebracht, zunächst neue wichtige Unterlagen zu erhalten und auf deren Grundlage die Zeugen zu befragen, teilte der Abgeordnete Lars Rohwer mit. Die QMF war auch für die Schulung von Sachsenring- Mitarbeitern zuständig. Die Verlegung der Zeugenvernehmung um 19 Tage sei "angemessen". Eine Befragung "ins Blaue hinein" habe die CDU abgelehnt. Laut Ausschussvorsitzendem André Hahn (PDS) wären QMF- Akten für die Befragung von Rittinghaus und Schommer am Mittwoch gar nicht erforderlich gewesen.
Der Ausschuss untersucht, ob öffentliche Gelder via Sachsenring in eine Imagekampagne zum Nutzen der CDU flossen. Die Kampagne "Sachsen für Sachsen" im Jahr der Landtagswahl 1999 war mit drei Millionen Mark fast ausschließlich von der Sachsenring Automobiltechnik AG finanziert worden. Laut Rittinghaus erhöhte das Land quasi als Gegenleistung beim Verkauf des Zentrums Mikroelektronik Dresden an Sachsenring die staatlichen Zuschüsse von 25 auf 29 Millionen Mark. Schommer, Ministerpräsident Georg Milbradt und sein Vorgänger Kurt Biedenkopf (beide CDU) bestritten einen solchen Zusammenhang. (dpa)