Dresdner Morgenpost, 28.06.2004
Lehrstück für Demokratie
Kommentar von Stefan Locke
Normalerweise sind Listenparteitage eine todlangweilige Sache. Die Delegierten nicken die KandidatenVorschläge ihres Parteivorstandes ab. Bitte, danke und ;jetzt schnell nach Hause.
So hatte es sich wohl auch. Sachsens SPD-Vorstand gedacht. Doch daraus wurde gestern nichts. Die Beton Riege um Noch-Parteichefin Constanze Krehl wurde zu Recht bestraft.
Mit welcher Dreistigkeit sich Krehls Vorstand die Kandidatenliste am Sonnabend nach seinen Wünschen zusammenbastelte, ist in dieser Partei wohl ohne Beispiel. Viele farblose, unauffällige und wohl auch hörige Kandidaten sollten installiert werden.
Ausgerechnet eine Leipzigerin wollte damit in der Sachsen-SPD einen Politikstil durchsetzen, den die Menschen hier 1989 abgewählt haben, Frau Krehl ignorierte die Parteibasis, hielt sich nicht an Absprachen und blendete die Realität völlig aus.
Offenbar war Frau Krehl und ihren Flüsterern nicht klar, wie tief Sachsens SPD gesunken ist. 10,7 Prozent: Splitter- statt Volkspartei. Da. sind Unauffälligkeit, Zurückhaltung und Liebhudelei völlig unangebracht.
In so einer Situation gibt es nur eines Angriff.! Doch der ist mit Wegduckern und Schwierigkeiten-aus-dem-Weg-Gehern nicht machbar Gut, dass die gestern- nicht zum Zuge kamen. Die Listenwahl war so ein Lehrstück für innerparteiliche Demokratie.
Die Sachsen-SPD ist damit noch lange nicht- aus dem Schneider. Die Wunden klaffen und die nächste Wahl wird wohl wieder ein Desaster. Dennoch war gestern ein Neuanfang zu spüren. Für den braucht die Partei aber dringend eine neue Führung.