Sächsische Zeitung, 28.06.2004
Sachsen-SPD: Trauerspiel
Kommentar von Dieter Schütz
Viel fällt einem zum Zustand der sächsischen SPD schon lange nicht mehr ein. Aber was sich die Sozialdemokraten gestern auf ihrem Landesparteitag erlaubten, ist ein Trauerspiel. Statt über Inhalte zu streiten, übten sie sich in Grabenkämpfen zwischen der Noch-Landeschefin Constanze Krehl und dem Fraktionsvorsitzenden Thomas Jurk. Krehl hat sich dabei selbst zuzuschreiben, dass sie nur mit Ach und Krach für den zweiten Listenplatz zur Landtagswahl nominiert wurde.
Denn zu dem Landtagsabgeordeten
Karl Nolle kann man ja stehen wie man will: Bei der Aufdeckung von tatsächlichen und vermeintlichen Affären ist er einige Male weit übers Ziel hinaus geschossen. Doch das ist noch kein Grund, den populären SPD-Abgeordneten eiskalt abzuservieren, wie das Krehl geplant hatte. Ein Problem der SPD liegt darin, dass es außer Nolle - vom Leipziger OB Wolfgang Tiefensee einmal abgesehen - kein einziger Soziäldemokrat in Sachsen zu einem gewissen Bekanntheitsgrad geschafft hat. Das aber kann man schwerlich Nolle anlasten.
Es fehlt der SPD jede inhaltliche und personelle Strategie, um den Abstieg zur Splitterpartei zu verhindern. Nach dem verheerenden Ergebnis bei den Europa- und Kommunalwahlen vor zwei Wochen hätte SPD-Chefin Krehl schon die Konsequenzen ziehen sollen. Spätestens nach dem gestrigen Parteitag ist ihr Rücktritt unvermeidbar. S.1/8
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