Sächsische Zeitung, Dresden, 26.06.2004
Querelen statt Konzepte
Bei CDU und SPD liegen die Nerven blank / Juso-Chef drängt an die Spitze
Nach den teils herben Verlusten bei der Kommunalwahl kommen CDU und SPD nicht zur Ruhe. In den Verbänden beider Parteien gärt es. Nicht politische Konzepte, sondern Personalquerelen dominieren.
Besonders krass ist die Situation bei den Sozialdemokraten. Stadtrat Albrecht Leonhardt, der in der vergangenen Woche als Unterbezirkschef zurückgetreten war, warnt bereits vor einer Spaltung der Partei.
Hintergrund: der Vorstand des Unterbezirks hatte sich für den Druck-Unternehmer
Karl Nolle als Kandidaten für den aussichtsreichen Platz acht auf der Liste für die Landtagswahl ausgesprochen – und nicht für den von Parteichefin Constanze Krehl favorisierten Leonhardt. „Dabei haben wir im Herbst festgelegt, dass der Unterbezirk keine eigene Kandidaten-Listung vornimmt“, sagt jener. Und trat beim gestrigen Landesparteitag, anders als geplant, gar nicht mehr gegen Nolle an.
Unterdessen gewinnt die Debatte um Leonhardts Nachfolger als Vorsitzender von rund 800 SPD-Mitgliedern aus Dresden sowie den Kreisen Meißen und Riesa-Großenhain an Kontur. Als erster wirft Sachsens Juso-Chef und Nolle-Anhänger Martin Dulig seinen Hut in den Ring.
„Ja , ich bin an dem Posten interessiert“, sagt er. Dabei kommt dem Dresdner zugute, dass er ab Herbst vermutlich im Landtag sitzen wird. In einer Kampfabstimmung hatte ihn der Parteitag auf Listenplatz drei gesetzt. Leonhardts kommissarischer Nachfolger, der Dresdner Jurist Harald Baumann-Hasske war telefonisch für eine Stellungnahme nicht erreichbar.
Auch bei der CDU herrscht Krisenstimmung. Auf der heutigen Sitzung des Kreisvorstandes soll das Wahldebakel aufgearbeitet werden. Angesagt hat sich bereits der Generalsekretär der Sachsen-Union, Hermann Winkler. Der in die Kritik geratene Wahlkampfmanager Lars Rohwer will dabei eine Teil-Schuld auf sich nehmen. „Es war ein Fehler, den Spruch ‚Doch alles richtig gemacht‘ zu plakatieren. Ich habe ihn durchgehen lassen“, sagt er. Doch damit dürften die Konflikte nicht beendet sein. Anhänger von CDU-Chefin Friederike de Haas kritteln weiter am nur knapp bestätigten Fraktionschef Michael Grötsch herum und machen sein Umfeld für die umstrittene Parole verantwortlich. Zudem wird schon die OB-Wahl 2008 debattiert. „In der Fraktion gibt es keinen geeigneten Kandidaten“, sagt ein Partei-Insider.
(Von Thilo Alexe)