Freie Presse Chemnitz, Seite 4, 29.06.2004
Nach dem Crash-Kurs setzt der neue Chef auf Integration
Jurk „wild entschlossen" zur Krehl-Nachfolge - Bender willkommen
Dresden. Strahlend nahm der Spitzenkandidat und künftige Parteichef die Herausforderung an. „Nach diesem Ergebnis", hob Thomas. Jurk auf seinen Wahltriumph von Döbeln ab, „bin ich wild entschlossen, das Amt anzunehmen." Angetragen hatte ihm das Amt Rolf Schwanitz, der Vize von Constanze Krehl, die am Mittag: zurückgetreten war. Sekundär schien am Abend vor der eilig zusammengerufenen Presse das ungewöhnliche Prozedere, fast abgehakt bereits das Kapitel Krehl.
Und dennoch kam der Fraktionschef nicht um die Beantwortung von Fragen herum, die seine Vorgängerin in ihrer dürren Erklärung provoziert hatte. „Eine klare Richtungsentscheidung gegen Sachpolitik" hätten die Delegierten getroffen, hätte Krehl erklärt. Jurk sagte, er verstehe das nicht, schließlich .seien in Döbeln nur Personalfragen behandelt worden. „Ich weiß nicht, wer ihr das diktiert hat", wurde er dann deutlicher, „sie war nach der Abstimmung völlig durch den Wind." Telefonisch war Krehl gestern, so Jurk, nicht zu erreichen.
Welch wundersame Wandlung Sachsens SPD am Wochenende erlebt hat, rief der neue starke Mann der kleinen Oppositionspartei noch einmal in Erinnerung. Wieviel Energie er in die Einigung mit Krehl über die Zusammensetzung der Liste investiert hatte. „Und dann wurde mit einem Strich das Ergebnis vom Kopf auf die Füße gestellt! Das war am Samstagabend, und Jurk war bereit, selbst „hinzuschmeißen", wenn die Delegierten am Sonntag Krehls neuer Marschroute gefolgt wären. Die Erleichterung, die ihm gestern ins Gesicht geschrieben stand, wird nach dem Votum der Basis verständlich.
Strahlend saßen gestern zwei Mitstreiter in der letzten Reihe, die Krehls Streichliste zum Opfer fallen sollten:
Karl Nolle und Martin Dulig. Den steilsten Aufstieg verzeichnete Juso-Chef Dulig. Der erste Listenvorschlag Krehls sah ihn auf dem völlig aussichtslosen Platz 32. Nach Krehls Verzicht auf Listenplatz 2 steht seit gestern Dulig hinter Jurk auf diesem Rang. Mit ihm dürfte sich der bisher nicht im Landtag vertretene SPD-Nachwuchs motiviert fühlen.
„Die Partei braucht einen Neubeginn", stellte Jurk fest, was formell längst geschehen war. Die Integration der bisher zerstrittenen Flügel ist jetzt seine Aufgabe. Auf einen Mann, der von Vorgängerin Krehl ausgeschlossen worden war, ging er bereits zu: Mit dem Chemnitzer Gewerkschafter Sieghard Bender hätte man früher sprechen müssen, meinte Jurk und fügte hinzu: „Bender .ist in der SPD herzlich willkommen."
(von Hubert Kemper)