ND - Neues Deutschland, 28.06.2004
Auf zum letzten Gefecht
Am 26. Juni 1945 wurde in der Dresdner Tonhalle die SPD für das Land Sachsen wiedergegründet. 59 Jahre und einen Tag später haben die Sozialdemokraten im Freistaat einen Schlusspunkt gesetzt: unter einen Richtungsstreit, womöglich aber auch unter die Rolle der SPD als politische Kraft in Sachsen. Drei Monate vor der Landtagswahl schritt die Partei im Volkshaus von Döbeln zur Selbstentleibung.
»Reinigendes Gewitter« nannten Delegierte die Demontage der Landeschefin. Tatsächlich ist ein Richtungsstreit entschieden, der die Partei über Monate hinweg gelähmt hatte und durch fadenscheinige Kompromisse nur notdürftig überkleistert wurde. Sachsen SPD steht nun für straffe Opposition und einen nüchternen Umgang mit der PDS; dem Kuschelkurs gegenüber der CDU wurde eine Absage erteilt. Doch das Gewitter kam viel zu spät. Was vor Monaten bei einer Urwahl hätte entschieden werden sollen, wird nun mitten im Wahlkampf ausgefochten. Constanze Krehl ist als Landeschefin desavouiert und gibt auf Listenplatz zwei eine schwache Figur ab. Gleichzeitig hat die Parteilinke einen Pyrrhussieg errungen: Die SPD zieht nun mit einem hängenden Flügel in den Wahlkampf, der für sie zum letzten Gefecht werden könnte.
Frohlocken kann aber auch die politische Konkurrenz nicht. Eine linke Mehrheit für eine Ablösung der CDU rückt in immer weitere Ferne. Und für die politische Kultur im Freistaat wäre es fatal, wenn die SPD nicht mehr nur in Kreistagen hinter der NPD rangieren würde.
(Von Hendrik Lasch)