DNN/LVZ, 13.09.2004
Freude, Krise und Wahlkampf
Dresdner Depesche - Kolummne von Jürgen Kochinke
Jetzt hat die SPD doch noch einen Grund zur Freude. Liegt die Partei derzeit in Umfragen bei mageren elf, zwölf Prozent und damit nur an dritter Stelle, so ist sie wenigstens auf einem anderen Feld Spitze: beim Internetauftritt. 73 von 100 möglichen Punkten holte die Seite von SPD-Mann
Karl Nolle in einem Test, Platz 1 in Sachsen. Doch nicht nur das, auch ostweit ist er Spitzenreiter und hat sich im Bundesvergleich immerhin auf Rang 33 vorgekämpft. (www.politik-kommunikation.de)
So unterstützt brachte es Sachsens SPD-Fraktion auf 56,2 Punkte, rund zehn mehr als die zweitplatzierte PDS. Die CDU landete bei nur 43,3 Punkten. „SPD im Aufwind", jubelten die Sozialdemokraten entsprechend per Pressemitteilung, „Fraktion siegt insgesamt." Das war zwar leicht übertrieben, aber wie gesagt: Irgendeinen Grund zur Freude braucht jeder mal irgendwann.
Lange Zeit galt es als verbriefte Tatsache, dass PDS-intern alle über Spitzenmann Peter Porsch und seinen Umgang mit dem Stasi-Thema schimpfen dürfen - nur halt, bitte schön, nicht öffentlich. Jetzt aber hat einer das offiziell verhängte Schweigegelübde gebrochen: Ronald Weckesser. Der PDS-Finanzexperte finde, so wurde kolportiert, dass Porschs „Krisenmanagement nicht funktioniert". Doch halt, stimmt nicht, sagt Weckesser. Das sei schlicht falsch, weil niemals so gesagt. Richtig sei vielmehr: „Ich kann überhaupt kein Krisenmanagement erkennen." Und das sei schließlich etwas völlig anderes.
Altregierungschef Kurt Biedenkopf (CDU) macht keinen Wahlkampf, zumindest nicht offiziell. In der CDU-Parteizentrale sind keine Termine bekannt, schließlich gilt König Kurt nicht gerade als intimer Freund seines Nachfolgers Georg Milbradt (CDU). Doch jetzt trat der Ex-Ministerpräsident dennoch auf - im Kinderhaus Dresden-Zschachwitz, dem Wahlkreis von Landtagspräsident Erich Iltgen (CDU).
Das ist beachtlich, gehörte Iltgen in früheren Tagen eher zu jenen Unionschristen, die Milbradt im CDU-internen Ringen gegen Biedenkopf unterstützten. Umso mehr aber freute sich Iltgens Büro jetzt über den Auftritt des „Ministerpräsidenten a. D." zum Thema Bevölkerungsentwicklung, Renten und die Folgen für das Staatsgefüge. Also doch Wahlkampf? Keineswegs, sagt Biedenkopf, er rede überall dort, wo es von der Sache her sinnvoll sei. Dumm für Iltgen allerdings war jene Tatsache, dass sein Büro die Einladung zum Auftritt da schon verschickt hatte - mit leicht anderem Tenor: „Biedenkopf unterstützt Iltgen im Wahlkampf."