Sächsische Zeitung, Seite 1, 25.09.2004
Offene Läden: Händler sollen entscheiden
Länderkammer fordert vom Bund freie Hand
Einkaufen in Sachsen könnte mit Ausnahme von Sonn- und Feiertagen schon bald rund um die Uhr möglich sein. Die Bundesländer wollen die Ladenöffnungszeiten künftig in Eigenregie regeln.
Berlin/Dresden. Das Ladenschlussgesetz soll weiter liberalisiert werden. Gestern sprachen sich alle 16 Bundesländer im Bundesrat dafür aus, die Öffnungszeiten künftig in Eigenregie zu regeln. Jetzt ist der Bundestag am Zug. Er muss einer entsprechenden Öffnungsklausel im Ladenschlussgesetz zustimmen. Ob und wann er das tut, ist noch unklar. Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD) signalisierte aber bereits Unterstützung. „In der Sache bin ich dafür“, sagte er.
Die überwiegende Mehrheit der Bundesländer will die Ladenöffnungszeiten von Montag bis Sonnabend völlig freigeben – darunter auch Sachsen. Damit wäre es jedem Händler selbst überlassen, wann er sein Geschäft auf- oder zumacht. Sonn- und Feiertage sollen aber mit wenigen Ausnahmen heilig bleiben. Sachsens Wirtschaftsminister Martin Gillo (CDU) bezeichnete den Bundesrats-Beschluss als „längst überfällig“ und versprach, so schnell wie möglich einen Entwurf für ein Landesgesetz vorzulegen. SPD-Wirtschaftssprecher
Karl Nolle stimmte dem grundsätzlich zu. Allerdings müssten allen betroffenen Mitarbeitern künftig entsprechende Zuschläge gezahlt werden.
Neben Sachsen plädieren unter anderem auch Berlin, Brandenburg, Sachsen-Anhalt und Thüringen für das Einkaufen rund um die Uhr. Dagegen wollen Nordrhein-Westfalen und das Saarland an der bisherigen Regelung festhalten. In Bayern sind unterschiedliche Öffnungszeiten für verschiedene Branchen denkbar.
Der Einzelhandel begrüßte unter dem Motto „Schluss mit Ladenschluss“ den Vorstoß. „Um Wettbewerbsverzerrungen zu vermeiden, darf es aber in den 16 Ländern keine verschiedenartigen Regelungen geben“, so der Präsident des Hauptverbandes des Deutschen Einzelhandels, Hermann Franzen.
Die Gewerkschaft Verdi indes hält eine Verlängerung der Öffnungszeiten für überflüssig. Sie fürchtet, dass von einer Freigabe vor allem die Großen profitieren und dass die Konzentration im Handel weiter zunimmt.
(dpa/SZ/saf)S.4