Lausitzer Rundschau, 05.10.2004
Konsens der Demokraten zählt im Umgang mit der NPD
Landtagsparteien wollen sich deutlich von Rechtsextremen abgrenzen
Wenn der 71-jährige Alterspräsident Cornelius Weiss (SPD) am 19. Oktober den neuen Landtag eröffnet, haben die Abgeordneten nicht nur mit der neuen Aufteilung von sechs statt bisher drei Fraktionen zu kämpfen. Die Demokraten müssen sich vor allem einüben im Umgang mit der rechtsextremen NPD, die eine zwölfköpfige Fraktion bilden kann.
Behandeln wie alle anderen auch, lautet die Devise von Landtagspräsident Erich Iltgen (CDU). Da sich dagegen kein Widerstand regt, werden die Rechtsradikalen wohl reguläre Sitze in den Ausschüssen des Parlaments und sogar einen Vorsitzposten erhalten. Ob die NPD aber auch in die Parlamentarische Kontrollkommission kommt, die den Verfassungsschutz kontrolliert, ist mehr als fraglich. Fest steht indes, dass der Verfassungsschutz keine V-Leute unter den zwölf NPD-Abgeordneten führen will.
Ohnehin genießen deren gewählte Funktionäre künftig Immunität, die nur der Landtagspräsident aufheben kann. Der Parlamentarische Geschäftsführer der PDS-Fraktion, André Hahn, hegt indes den Verdacht, dass unter den NPD-Vertretern bislang aktive Kontaktpersonen der Verfassungsschutzes waren. Der Innenminister möge klarstellen, fordert Hahn, dass der Verfassungsschutz keine V-Leute finanziert hat, die als NPD-Abgeordnete gewählt wurden.
Doch deren Fraktion bekommt neben Diäten und Aufwandsgeldern ohnehin jeden Monat fast 120 000 Euro für Verwaltungsaufwand und Mitarbeitergehälter. Selbst die Begleitung von Besuchergruppen könnte von braunen Abgeordneten übernommen werden. Ab nächsten Montag sollen alle sechs in den Landtag gewählten Parteien über einen Arbeitsraum verfügen. Alles weitere muss das Landtagspräsidium bei seiner ersten Sitzung am 21. Oktober klären.
Während die bewusst neutrale Landtagsverwaltung auf Gleichbehandlung aller Fraktionen setzt, lautet das Motto in den Parteien eher: Am Besten gar nicht ignorieren. CDU-Fraktionschef Fritz Hähle etwa baut auf einen „Konsens der Demokraten“. Da keine Partei mit der NPD kooperiere, werde ihre Wirkung nach innen ohne Folgen bleiben. „Aber nach außen sind die Auswirkung natürlich groß“, so Hähle. Ähnlich sieht es Koalitionspartner SPD. Um der inhaltlichen Leere bei NPD-Reden zu entgehen, könne man ja ein gutes Buch lesen, sagt Fraktionssprecher Andreas Beese. Bei rassistischen oder volksverhetzenden Äußerungen würden Sozialdemokraten jedoch Kontra geben. „Wir werden aber aus Plenarsitzungen keine Wandertage machen und jedes Mal rauslaufen, wenn Rechtsextreme sprechen“, so Beese.
So sehen es auch die Liberalen. „Wir dürfen nicht in Rituale verfallen und regelmäßig den Saal verlassen“, sagte Torsten Herbst, Parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Fraktion. „Sonst würden wir die noch zu Märtyrern machen. Klar sei, „dass die NPD nicht eines der Probleme lösen kann, die wir in Sachsen haben,“ sagt Herbst. Ein Beschneiden der Rechte der NPD lehnen die Liberalen als kleine Fraktion freilich ab. Herbst: „Das wäre nicht im Sinne der Erfinder.“
Rigoros reagieren auch die Grünen: Da es einen grundsätzlichen Widerspruch zwischen Demokraten und Feinden der Demokratie gebe, werde es „keinerlei Zusammenarbeit mit der NPD geben“, sagt Fraktionschefin Antje Hermenau. „Rassistischen, fremdenfeindlichen oder antisemitischen Ausfällen werden wir deutlich entgegentreten, sachlichen Anträgen unabhängig vom Inhalt die Zustimmung und Auseinandersetzung verweigern, um die Neonazis nicht aufzuwerten“, so Hermenau.
Für ein simples Ignorieren der NPD ist es auch PDS-Fraktionschef Peter Porsch zu spät. „Wir müssen jetzt die Auseinandersetzung in aller Schärfe führen“, so Porsch. „Einen Zwischenruf sind die mir nicht wert.“ Ziel sei es, die Parolen der NPD zu entlarven und den Wählern eine Perspektiven aufzuzeigen. Porsch: „Ich bin jedenfalls nicht gewählt, um vor Neonazis davon zu laufen.“
von Sven Heitkamp