Leipziger Volkszeitung LVZ/DNN, 06.10.2004
Schwarz, Rot, Geld
Dresden. Ein wenig war es gestern wie im Film: Punkt 12.50 Uhr fuhren schwarze Limousinen an der Staatskanzlei in Dresden vor, heraus stieg ein gutes halbes Dutzend Unterhändler mit Aktenkoffern und ernster Miene. Es war die Verhandlungsriege der SPD, darunter Leipzigs OBM Wolfgang Tiefensee und SPD-Chef Thomas Jurk. Und während die Genossen zum Verhandlungszimmer eilten, saßen die CDU-Granden bereits in der Regierungszentrale - interne Vorgespräche.
Das war nötig. Denn im Zentrum der ersten inhaltlichen Koalitionsverhandlungen der Regierungspartner stand das Geld. "Finanzpolitische Leitplanken" hieß das im internen Fahrplan und diente zur Vorabklärung von letztlich einer Frage: Was können sich die Koalitionäre in Zukunft leisten? Oder, anders herum: Wo sind die Grenzen für Begehrlichkeiten beider Seiten? Dabei stehen die Rahmenbedingungen weitgehend fest: Finanziell geht es abwärts in den kommenden Jahren - abnehmende Transfers des Bundes aus dem Solidarpakt ab 2008, weniger Geld aus dem Länderfinanzausgleich und von der EU.
Genau das stellten die Verhandlungsführer dann auch gestern Abend in den Mittelpunkt. "Unser Ziel ist es, einen gemeinsamen Oberbegriff zu finden", sagte Georg Milbradt (CDU) in einer ersten Zwischenbilanz, es gehe um einen "Korridor der Politik". Sein SPD-Pendant Jurk sprach vom "Leitbild für Sachsen" - und gab sich optimistisch: "Wir haben eine Reihe von Gemeinsamkeiten." Über eine mögliche Erhöhung der Landesschulden wollten beide keine Auskunft geben.
Darauf allerdings hatte CDU-Finanzminister Horst Metz im Vorfeld den Finger gelegt. Haushaltssperre lautete seine Drohgebärde Richtung SPD, das Land müsse weiter sparen. Dabei aber hatte er vergessen zu erwähnen, dass die Prognose für das Wirtschaftswachstum im Freistaat längst von 0,75 auf 1,8 Prozent gestiegen ist. Das dürfte viele Millionen zusätzlich in den Etat spülen - Verhandlungsmasse für die Koalitionäre.
Einen Vorgeschmack auf mögliche Kontroversen im Verhandlungspoker gibt dagegen eine andere Tatsache. Es geht um Finanz-Engpässe bei der Wirtschaftsförderung, dahinter steht die Streitfrage zwischen Leuchtturmpolitik und Mittelstandsförderung. Denn nach internen Zahlenspielen der CDU-Regierung sind in den kommenden Jahren die Gelder aus Fördertöpfen des Bundes und der EU weitgehend gebunden, auch für Großprojekte wie AMD oder potenziell DHL. Damit dürften sie nicht zuletzt dem Mittelstand fehlen.
Das Wirtschaftsressort widersprach dem gestern. "Haushaltstechnisch ist noch Spielraum vorhanden", sagte Sprecherin Annette Binninger. Für die SPD scheint das dennoch kaum akzeptabel zu sein. Schließlich ist Jurk mit der Devise angetreten, für den Mittelstand mehr Geld zu erstreiten.
Jürgen Kochinke
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