Karl Nolle, MdL

Freie Presse Chemnitz, 07.10.2004

Nach Suppe und Schnittchen wurde das Klima frostiger

SPD fühlt sich von CDU-Sparkorsett eingeschnürt - Unterhändler von Milbradts professoralem Stil irritiert
 
Dresden. Ein Fußballspiel dauert zweimal 45 Minuten. Deswegen ist es üblich, dass Pressekonferenzen nicht in der Halbzeit, sondern erst nach Spielende stattfinden. Auf der politischen Bühne Sachsens suchen die Akteure noch nach den passenden Regeln für den Umgang mit der Öffentlichkeit und die Vermittlung der noch spärlichen Neuigkeiten aus den gerade begonnenen Koalitionsverhandlungen. Der Ablauf der Auftaktrunde könnte einen Korrekturbedarf nahe legen.

Aus ihren lächelnden Gesichtern sprach ein hohes Maß an Verständigung. Georg Milbradt schien seinen SPD-Kollegen Thomas Jurk von der Flaute in der Staatskasse überzeugt zu haben. Oder war es der Einblick in die Haushaltslage, der den Sozialdemokraten vor der Presse so kooperativ wirken ließ?

Die atmosphärische Wende trat kurz darauf beim Buffet in der englischen Bibliothek der Staatskanzlei ein. Gestärkt von Kartoffelsuppe und belegten Brötchen verabschiedete sich das SPD-Trio vom Schmusekurs der ersten Halbzeit. Nur Spötter könnten mutmaßen, das der Anblick der Bilder von Johann Wilhelm Bock, Karl-Alfred Fellisch oder Max Heldt inspirierend wirk ten. Als sächsische Ministerpräsidenten der Jahre 1920 bis 1929 verkörperten sie eine damals starke Sozialdemokratie in diesem Land. Der Zipfel der Macht haben die später Erben in der Hand, und daran zogen sie nach der Pause umso heftiger Allzu reibungslos schien der Zählenmensch Milbradt seine nüchternen Formeln von einem radikaler Sparkurs in den Köpfen der bisherigen Opposition platziert zu haben Allzu schnell fiel der Sturz aus aller SPD-Höhenflügen von - einen spendablen Staat aus, der mehr Lehrer und Polizisten einstellen kann Zu früh schien dieser erste Verhandlungstermin, um auf dem Boden der Tatsachen gelandet und die eigener Positionen preisgegeben zu haben.

Die abrupte Abkühlung des Klimas sprachen Beobachter aber auch psychologischen Faktoren zu. Milbradt neigte auch am Dienstag da zu, sein Wissen langatmig im professoralen Stil zu vermitteln. Da fühlten sich einige Unterhändler ebenso überfahren wie durch ein Papier, das er zum Auftakt der zweiten Halbzeit aus seinen Unterlagen zauberte. „Die Spielräume sind eng", räumt man in der Jurk-Truppe ein, „aber wir wollen sie optimal ausloten". Morgen geht es um Umwelt, Justiz, Europa. Dann kennt man sich schon ein Stück besser.
Von Hubert Kemper

Karl Nolle im Webseitentest
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