Dresdner Morgenpost, 20.10.2004
Neuer Landtag: SPD übte Gleichschritt mit der CDU
DRESDEN - Riesenansturm gestern zur ersten Landtagssitzung: Besucher- und Pressetribüne waren voll besetzt. Selbst die Abgeordneten erschienen vollzählig. Alle erlebten ein frisches Parlament Und eine SPD, die sich auffällig schnell an ihre neue Machtrolle gewöhnt hat.
Selbst SPD-Mann
Karl Nolle war das nicht ganz geheuer: „Ich habe noch nie so oft mit der CDU gestimmt wie heute", sagte der Frontkämpfer gegen den „Schwarzen Filz". In der Tat hätte gestern auch gleich der Ministerpräsident gewählt werden können. Denn die CDU-SPD-Koalition stand bereits felsenfest Beide Parteien hatten sich auf eine neue Geschäftsordnung verständigt und verteidigten sie gegen sämtliche Änderungsanträge der Opposition.
Dabei hatte erst kurz zuvor der wieder gewählte Landtagspräsident Erich Iltgen (64, CDU) die Abgeordneten gemahnt, auch mal Rat anzunehmen „Wir werden manchmal eigene Überzeugungen infrage stellen und andere Meinungen zur Kenntnis nehmen müssen." Für die CDU eine ganz neue Situation. Auch die SPD erfuhr bisher völlig Unbekanntes: Ihre Anträge gingen alle durch.
Dabei mühten sich FDP, Grüne und PDS nach Kräften, brachten 50 Änderungsvorschläge für die künftige Arbeit im Parlament ein, darunter selbst Ex-SPD-Anträge. Ziel vor allem: mehr Minderheitenrechte. Alles vergebens. „Ein schlechter Start für diesen Landtag", sagte Andre Hahn (PDS). Vor allem um den dritten Landtags-Vizepräsidenten gab's Zoff. „Niemand braucht diesen Posten", waren sich FDP, Grüne und PDS einig.
Selbst die NPD sah das so. Doch CDU und SPD setzten den Versorgungsposten" für SPD Mann Gunther Hatzsch durch. Die Quittung dafür gab's bei der (geheimen) Abstimmung: Hatzsch kam geradeso auf eine Mehrheit von 63 Stimmen - obwohl CDU und SPD 68 Sitze haben. Überhaupt konnten einige SPDler nur schwer ihren Arger über den Fraktionszwang verbergen, klagten über „Einheitssoße". „Die Koalition musste stehen", verteidigte Fraktionschef Jurk das Abstimmungsverhalten. Vor Verhandlungsschluss will er es sich nicht mit der CDU verderben.
Auffällig unauffällig gab sich die NPD, war sichtlich bemüht, nichts falsch zu machen. Ihr hatte Alterspräsident Cornelius Weiss (71, SPD) bei der Eröffnung den Merksatz mitgegeben: „Die Demokratie ist die einzige Gesellschaftsform, die dem Menschen Würde gibt." Und Grünen-Chefin Antje Hermenau kündigte an: „Wir werden es Ihnen nicht durchgehen lassen, dass Sie auf demokratische Rechte pochen, die Sie eigentlich abschaffen wollen."
Von Stefan Locke