Dresdner Morgenpost, 20.12.2004
SEK-Chef: ,Wir haben einen professionellen Job gemacht‘
DRESDEN - Der skandalöse SEK-Einsatz im Loschwitzer Villenviertel. Langsam sickern weitere Details der Pannennacht an die Öffentlichkeit. So soll der Elitetrupp der Polizei die Razzia eigenmächtig gestartet, dabei die falsche Wohnung gestürmt haben.
Denn eigentlich waren einsatzführende Kripo und zuständige Staatsanwältin vor der Razzia an einem Treffpunkt verabredet, wie Oberstaatsanwalt Andreas Feron (41) der Morgenpost bestätigt: „Das SEK erschien aber nicht, begann stattdessen selbstständig mit der Einnahme des Hauses. Warum die Männer in die falsche Etage stürmten und weshalb geschossen wurde, muss jetzt geklärt werden.“
Wenige Minuten später erreichte die Ermittlungsführer der Anruf des SEK: „Wohnung eingenommen, vier Personen festgestellt.“ Leider die falsche Wohnung und die falschen Personen, wie der Kommissar später („So eine Sch...“) feststellen musste. Statt der bekannten Rotlichtgröße Detlev K. (46) nahm das SEK Polizeikollegen Bernd W. (44) fest, hatte ihn nackt geknebelt. Lebensgefährtin Ramona K. (44) musste tatenlos in der Stube zusehen, wie ihre Hunde verbluteten.
Oberstaatsanwalt Feron: „Meine Kollegin trifft hierbei keine Schuld. Sie hatte Durchsuchungsbeschlüsse für Wohnung und Bordell der Zielperson beantragt, war lediglich als Entscheidungsträger vor Ort, um im Falle nötiger Folgedurchsuchungen flexibel reagieren zu können. Die Durchführung des Einsatzes oblag dem Spezialkommando in Eigenregie. Noch dazu würde sich das SEK nie Vorschriften machen lassen, wie ein Einsatz abzulaufen hat.“
Dass dabei Hunde erschossen, eine Familie (darunter die 17-jährige Tochter) misshandelt und Mobiliar durchlöchert wurden, scheint egal. SEK-Chef Horst Kretschmar: „Ein unabhängiges Gremium soll den Fall untersuchen. Dann wird sich rausstellen, dass wir einen professionellen Job gemacht haben.“ Das sieht Familienvater Bernd W. freilich ganz anders. „Ich habe versucht, die Blutflecken aus dem Teppich zu schrubben“, sagt der Polizist aus dem Schönfelder Revier leise. „Irgendwie muss es ja weitergehen, müssen wir auch Weihnachten in unserer Stube feiern. Freunde und Kollegen waren da, spendeten Trost. Hilfe von oberer Stelle blieb bislang jedoch aus. Sehr enttäuschend.“
Weder Spurensicherer noch Psychologen ließen sich bislang bei der betroffenen Familie blicken. Erst gestern fand Bernd W. eine weitere Patronenhülse hinterm Mülleimer. Stille Zeugen der Ballernacht. Doch Innenminister Thomas de Maizière (CDU, kl.F.l.o.) schweigt weiterhin, weshalb es gestern Kritik aus höchsten politischen Kreisen (siehe Kasten unten) hagelte. Unkomplizierte Hilfe für die geschundene Familie so kurz vor dem Fest? Fehlanzeige! Minister-Sprecher Andreas Schumann (33): „Sollen wir etwa eine Putzkolonne in das Haus schicken?“
Von Ronny Klein