Frankfurter Rundschau, 20.01.2005
Fünf Zusatzstimmen für NPD im Landtag
Dresden · 19. Januar · bho · Eigentlich war alles abgesprochen zwischen den demokratischen Parteien CDU, SPD, PDS, Grüne und FDP im Sächsischen Landtag. Doch am Mittwoch kam es wieder einmal anders: Ein Mitglied für den Landesjugendhilfeausschuss musste gewählt werden, ein Posten, der nach Gesetz der rechtsextremen NPD-Fraktion wegen ihrer Fraktionsstärke im Parlament zusteht. Abgesprochen war, dass sich alle demokratischen Abgeordneten enthalten sollten. Die NPD-Kandidatin Gitta Schüßler sollte allein mit den zwölf Stimmen der NPD in den Ausschuss gewählt werden. Der NPD auf keinen Fall Zusatzstimmen verschaffen, das war Konsens.
Doch nach Auszählung der Stimmen zeigte sich einmal wieder, Mitglieder demokratischer Fraktionen hatten für die Neonazis gestimmt. Schüßler erhielt 17 Ja-Stimmen, also fünf aus anderen Fraktionen. Außerdem acht Nein-Stimmen und 76 Enthaltungen. Ihr Stellvertreter, der NPD-Abgeordnete Matthias Paul, kam auf 15 Ja- und neun Nein-Stimmen bei 77 Enthaltungen. 16 Abgeordnete hatten in beiden Wahlgängen ihre Stimmen ungültig gemacht.
Bürgerliche erneut für Neonazis
Damit erhielt die NPD bereits zum dritten Mal mehr Stimmen in geheimen Personalwahlen als sie Mitglieder hat. Bei der Wahl von Georg Milbradt (CDU) zum Ministerpräsidenten im November stimmten in beiden Wahlgängen 14 Abgeordnete für den NPD-Gegenkandidaten. Ebenso bei der Wahl der Ausländerbeauftragten Friederike de Haas (CDU) im Dezember. In offener Abstimmung war am Mittwoch allerdings der Versuch der NPD gescheitert, einen Untersuchungsausschuss zu Querelen bei der Landesbank Sachsen einzusetzen. Bei der nicht geheimen Abstimmung kam die NPD lediglich auf ihre eigenen zwölf Stimmen.