Agenturen ddp-lsc, 16:13 Uhr, 21.01.2005
«In Goebbelscher Manier» - Scharfer Protest gegen Relativierung von NS-Verbrechen durch NPD - CDU ruft zu Gedenkmarsch in Dresden auf
Von Matthias Hasberg-
Dresden (ddp-lsc). Die Relativierung von NS-Verbrechen durch Abgeordnete der NPD im Landtag hat am Freitag scharfen Protest der demokratischen Parteien ausgelöst. Die rechtsextreme NPD habe mit ihrem Verhalten ihre «nationalsozialistische Überzeugung» gezeigt, sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der Grünen-Fraktion, Karl-Heinz Gerstenberg. Auch die übrigen demokratischen Parteien reagierten scharf. Aus Protest hatten am Freitag große Teile der anderen Fraktionen zeitweise den Plenarsaal in Dresden verlassen. Landtagspräsident Erich Iltgen (CDU) lehnte einen Aufmarsch der NPD auf dem Landtagsvorplatz am 13. Februar ab.
Zu Sitzungsbeginn hatte sich die NPD-Fraktion bereits einer Gedenkminute für die Opfer des Nationalsozialismus verweigert und geschlossen den Saal verlassen. Bei der anschließend von den Rechtsextremen beantragten Debatte über die Bombardierung Dresdens vom 13. Februar 1945 gebrauchten NPD-Redner dann das Wort
«Bomben-Holocaust» für die Luftangriffe der Alliierten auf Dresden. «Der Bomben-Holocaust von Dresden steht ursächlich weder im Zusammenhang mit dem 1. September 1939 noch mit dem 30. Januar 1933», sagte der NPD-Abgeordnete Jürgen Gansel wörtlich. Fraktionschef Holger Apfel nannte den 8. Mai 1945 den «Tag der vermeintlichen Befreiung Deutschlands». Die «gleichen Massenmörder», die Dresden am 13. Februar ausgelöscht hätten, seien «heute drauf und dran, neue Kriege vom Felde zu ziehen».
SPD-Fraktionschef und Alterspräsident Cornelius Weiss hatte stellvertretend für alle anderen Fraktionen in der Debatte das Wort ergriffen und Apfel eine «mit Schaum vor dem Mund und in Goebbelscher Manier vorgetragene Rede» vorgeworfen. Weiss sagte, das Dresdner Inferno vom Februar 1945 dürfe niemals vergessen werden, aber auch nicht, wie es damals dazu gekommen sei. An die Demokraten im Parlament richtete er den Appell, «mit aller Entschiedenheit jenen in den Arm zu fallen, die schon wieder nach der Brandfackel greifen».
Der Generalsekretär der sächsischen CDU, Michael Kretschmer, rief am Freitag alle Dresdner auf, am 60. Jahrestag der Bombardierung der Stadt am 13. Februar auch für Demokratie und Menschenrechte zu demonstrieren. Dresden solle «an diesem Tag in einem Meer aus Kerzen leuchten». Die Sachsen hätten nicht vergessen, was die Nationalsozialisten ihnen angetan haben. CDU-Fraktionschef Fritz Hähle sagte nach dem Landtags-Eklat, mit ihren Redebeiträgen habe die NPD ihre Maske fallen lassen, dahinter sei ihre nationalsozialistische Gesinnung offen zutage getreten.
Der Grünen-Parlamentarier Gerstenberg nannte das Verhalten der NPD eine «niederträchtige Provokation». Die Redebeiträge der NPD strotzten nur so vor Beleidigungen und rechtsextremistischer Ideologie. PDS-Fraktionschef Peter Porsch sagte, die NPD-Abgeordneten hätten sich mit ihren Reden als Parteigänger von Faschismus und Nationalsozialismus entlarvt. Seiner Ansicht nach liefern die Reden neues Material für ein Verbotsverfahren gegen die NPD.
Landtagspräsident Iltgen begründete die Ablehnung des
NPD-Aufmarsches am 13. Februar damit, dass der Platz vor dem Parlament von der Polizei genutzt werde, um die Sicherheit der zahlreichen Gedenkveranstaltungen zu gewährleisten. «Der 13. Februar ist ein Tag des stillen Gedenkens», sagt Iltgen. Er habe kein Verständnis dafür, dass bestimmte politische Gruppierungen versuchen, diesen Tag für ihre Zwecke zu instrumentalisieren.
(Quellen: Apfel, Gansel und Weiss im Landtag; Hähle, Kretschmer, Iltgen, Porsch und Gerstenberg in Pressemitteilungen)
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211613 Jan 05