Agenturen dpa/sn, 15:07 Uhr, 23.01.2005
Wirtschaftsminister: NPD-Eklat ist verheerendes Signal für Ausland
Dresden (dpa/sn) - Sachsens Wirtschaftsminister Thomas Jurk (SPD) sieht im jüngsten NPD-Eklat ein verheerendes Signal für das Ausland. «Ich bin sehr besorgt, dass dies zu einer schweren Belastung für den Wirtschaftsstandort Sachsen wird», sagte Jurk am Sonntag in einem dpa-Gespräch. «Das ist keine Panikmache, sondern ein realistisches Szenario.» Ausländerfeindlichkeit sei Gift für ein Klima, «das wir alle für Wachstum und Wohlstand brauchen. Und es ist eine Beleidigung für viele der Menschen, die uns längst zu Freunden geworden sind.»
«Ich bedauere, dass die klare Botschaft, die der Landtag am Freitag gegenüber den Rechten gesetzt hat, die klare Abgrenzung gegenüber der NPD, die Einigkeit aller demokratischen Parteien, im In- und Ausland nicht deutlicher angekommen ist», sagte Jurk, der auch stellvertretender Ministerpräsident und SPD-Vorsitzender ist. Nationalisistisches, hetzerisches Geschwätz habe im Landtag keinen Raum.
«Wir haben in den vergangenen Jahren in Schlüsseltechnologien investiert und beispielsweise in Mikroelektronik, Automobilindustrie und Maschinenbau internationales Spitzenniveau erreicht», sagte Jurk und verwies dabei auf die Hilfe von vielen ausländischen Fachkräften auch in Forschung und Entwicklung. Er nannte die USA, Taiwan, Frankreich, die Schweiz, Kanada und Finnland.
Allein von 1992 und 2003 hätten ausländische Unternehmen in Sachsen 173 Investitionsvorhaben realisiert. «Dadurch wurden in der schwierigen Phase des Umbaus unserer Wirtschaft rund 20 000 Arbeitsplätze neu geschaffen oder gesichert», sagte Jurk. An diesen direkten Arbeitsplätzen hingen Tausende von indirekten Jobs. «Zudem bilden diese Unternehmen Tausende von Jugendlichen aus und geben ihnen eine Chance und damit eine Perspektive in ihrer Heimat.» Mehr als 11 000 Menschen seien allein für US-amerikanische Unternehmen in Sachsen tätig.
«Nach den Vorfällen im Landtag bin ich auf die Zuschauertribüne gegangen und habe mich beim US-Generalkonsul in Sachsen entschuldigt für das, was er an diesem Tag anhören musste», sagte Jurk. «Ich habe ihm auch gesagt, dass dies die Fratze nationalistischer Kräfte ist, nicht das Gesicht Sachsens. Und ich bin erleichtert, dass er mir gesagt hat, dass er dies weiß.»
«Wir alle haben viel zu verteidigen: Es geht nicht nur um die internationale Glaubwürdigkeit Sachsens, um seinen Ruf als innovatives, weltoffenes Land, sondern auch um historische Wahrheit, um Demokratie und um Menschenwürde», sagte Jurk.
dpa st yysn ca
231507 Jan 05