Karl Nolle, MdL

Agenturen dpa/sn, 16:48 Uhr, 23.01.2005

Trotz NPD-Eklats: Skepsis zu einem neuen Verbotsantrag überwiegt =

 
Berlin/Dresden (dpa/sn) - Knapp zwei Jahre nach dem Scheitern des NPD-Verbotsantrages in Karlsruhe wird der Ruf nach einem harten Vorgehen gegen die Rechtsextremisten wieder lauter. Spitzenpolitiker von Rot-Grün und Union forderten eine verstärkte politische Auseinandersetzung, äußerten sich aber trotz des Schocks über den jüngsten NPD-Eklat im sächsischen Landtag skeptisch zu einem neuen Anlauf für ein Parteiverbot. In Sachsen meldeten sich am Wochenende zahlreiche Politiker und Bürger zu Wort, um vor braunem Gedankengut zu warnen.

Bundesinnenminister Otto Schily (SPD) legt es offensichtlich nicht auf ein zweites Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht an. Er sagte am Samstag in der ARD, leider sei das angestrebte Verbot im März 2003 in Karlsruhe gescheitert. «Deshalb müssen wir uns jetzt stärker auf die politische Auseinandersetzung beziehen.» Außenminister Joschka Fischer (Grüne) verlangte am Sonntag: «Es müssen alle Möglichkeiten ausgeschöpft werden, eine Wiederholung solcher volksverhetzender Auftritte zu verhindern.» Konkret zu einem neuen NPD-Verbotsantrag äußerte er sich nicht. Der innenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagfraktion, Dieter Wiefelspütz, lehnte einen neuen Verbotsantrag ab. «Das Kapitel NPD-Verbot ist abgeschlossen.»

Die Grünen-Bundesvorsitzende Claudia Roth rief die Wähler in Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen auf, im Februar und Mai «mit einer hohen Wahlbeteiligung dafür zu sorgen, dass die Rechtsextremen nicht in die Landtage kommen». SPD-Chef Franz Müntefering appellierte, NPD-Provokationen nicht mehr hinzunehmen. Allen Demokraten im Lande müsse klar sein, dass «diese braune Soße in Deutschland keine Chance» haben dürfe. Der stellvertretende CDU- Fraktionschef im Bundestag, Wolfgang Bosbach, warf in der «Sächsischen Zeitung» (Montag) den Rechtsextremisten vor, «das Ansehen der Bundesrepublik weit über unsere Grenzen hinaus zu beschädigen».

«Erschreckend schnell» sei nach den Wahlerfolgen der Rechtsextremisten in Brandenburg und Sachsen zur politischen Tagesordnung übergegangen worden, kritisierte der Vorsitzende des Zentralrats der Juden in Deutschland, Paul Spiegel, in einem dpa- Gespräch. «Bei allem grundsätzlichen Vertrauen in deutsche Demokratie und Rechtsstaatlichkeit: Wo bleibt der vielfach beschworene "Aufstand der Anständigen"?»

Auch zahlreiche sächsische Politiker sehen den Vorstoß von PDS- Fraktionschef Peter Porsch skeptisch, ein neues Verbotsverfahren anzustreben. Nach Ansicht Porschs sollte das Land Bundesinnenminister Schily nun auffordern, beim Verfassungsgericht erneut gegen die NPD vorzugehen, berichtet das Magazin «Spiegel».

«Eine Wiederaufnahme des NPD-Verbotsverfahrens muss sorgfältig vorbereitet werden», sagte Ministerpräsident Georg Milbradt (CDU) der dpa. «Aktionismus hilft nicht weiter, sondern nützt im Falle eines erneuten Scheiterns nur der NPD.» Um die vom Bundesverfassungsgericht aufgestellten Hürden für einen Verbotsantrag zu bewältigen, müsse auch aus anderen Bundesländern Material kommen, sagte Innenminister Thomas de Maizière (CDU) der «Sächsischen Zeitung am Sonntag».

SPD-Fraktionschef Cornelius Weiss meinte: «Einen zweiten Flop können wir uns nicht leisten.» Wirtschaftsminister Thomas Jurk (SPD) sieht im jüngsten NPD-Eklat ein verheerendes Signal für das Ausland. «Ich bin sehr besorgt, dass dies zu einer schweren Belastung für den Wirtschaftsstandort Sachsen wird», sagte Jurk der dpa.

«Wer immer noch Zweifel daran hatte, dass es sich bei der NPD nicht um eine Partei handelt, die die Verbrechen des Nationalsozialismus relativiert und beschönigt, der ist jetzt eines Besseren belehrt worden», sagte CDU-Generalsekretär Michael Kretschmer der dpa.

Grünen-Fraktionschefin Antje Hermenau sagte, es sei nun wichtig, dass die Bürger aktiv gegen die NPD aufstehen, «aber nicht nur bei Demonstrationen». «Man muss Initiativen gegen rechts unterstützen oder diese selbst ergreifen, zum Beispiel in die Schulen gehen und Aufklärungsarbeit leisten.» Bei Matineen in den Theatern von Chemnitz und Plauen zeigten Theatermacher und Bürger am Sonntag Flagge gegen die NPD.
(Der Bericht der «Sächsischen Zeitung» lag dpa in redaktioneller Fassung vor.)
dpa st yysn ca
231648 Jan 05

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