Dresdner Morgenpost, 22.01.2005
NPD-Fraktion verhöhnt die Opfer des NS-Regimes
DRESDEN- Gestern kam, was viele lange befürchtet hatten: Die NPD ließ im Landtag die Maske fallen, entgleiste mit Hetzreden zur Zerstörung Dresdens vor 60Jahrenundverweigertegarden Opfern das Gedenken. Der Staatsanwalt will auf Volksverhetzung prüfen.
NPD-Fraktionschef Holger Apfel ließ alle bisher aufgelegte Zurückhaltung fahren, verglich gezielt die Bombenangriffe mit dem Holocaust und die Opfer Dresdens mit den in Konzentrationslagern Ermordeten. Die angloamerikanischen Terrorangriffe" seien ein kaltblütig geplanter industrieller Massenmord" und hätten mit dem Zweiten Weltkrieg nichts zu tun. Die zahlreichen Gedenkfeiern bezeichnete Apfel als jämmerlich und würdelos bis zum Erbrechen" und reklamierte für seine Partei den alleinigen Gedenk-Anspruch.
Dabei hatten die zwölf NPD-Abgeordneten erst kurz zuvor eine Schweigeminute des Landtags auch für die Opfer der Bombenangriffe auf Dresden einfach boykottiert. Im Namen aller anderen Abgeordneten wies Alterspräsident Cornelius Weiss (SPD) die „in goebbelsscher Manier vorgetragenen Hasstiraden“ zurück. „Wir dürfen das Dresdner lnferno niemals vergessen, aber auch niemals, wie es dazu kam." Es sei sinnlos und gefährlich, die schrecklichen Ereignisse" gegeneinander aufzurechnen. "Sorgen wir gemeinsam dafür, dass sich Geschichte nicht wiederholt. Das und nichts anderes ist das Vermächtnis von Dresden aus jener furchtbaren Nacht vor 60 Jahren."
Als die NPD anschließend erneut versuchte, den 13. Februar politisch zu instrumentalisieren und die Verantwortung Nazi-Deutschlands für den Zweiten Weltkrieg leugnete, verließen zahlreiche Abgeordnete unter empörten Zwischenrufen den Saal.
Landtagspräsident Erich Iltgen (CDU) rief die NPD mehrfach zur Ordnung, drehte ihr schließlich das Mikrofon ab. Nun soll die Staatsanwaltschaft ermitteln, ob Volksverhetzung vorliegt. »Wir werden das auch anhand der Landtagsprotokolle prüfen", sagte Oberstaatsanwalt Andreas Feron.
Zudem lehnte Iltgen den NPD-Antrag ab, am 13. Februar vor dem Parlament aufzumarschieren. „Der 13. Februar ist ein Tag des stillen Gedenkens", sagte lltgen. "Er gehört den Dresdnerinnen und Dresdnern, die der Zerstörung ihrer Stadt vor 60 Jahren sowie der vielen Opfergedenken."
Von Stefan Locke