Karl Nolle, MdL

Freie Presse Chemnitz, 22.01.2005

Die Enttarnung: NPD-Hassprediger Apfel schockt und mobilisiert zugleich

Leitartikel von Hubert Kemper
 
Als sie den bisherigen Höhepunkt ihrer Reise in die bürgerliche Welt des Parlamentarismus erreicht hatten, luden sie zum Neujahrsempfang in den Landtag. Die Biedermänner stießen mit Sekt auf ihren Blitzstart plus Diätenwohlstand an. Dann besuchten sie in der Staatsoperette die „Lustige Witwe". Die Tarnung schien der NPD gelungen - bis gestern. Da zeigten sie ihr wahres Gesicht. Brandstifter können ihre Neigung offensichtlich nicht längerfristig verbergen.

Mit populistischer Schlichtheit, gepaart mit intellektueller Schlitzohrigkeit hatten die NPD-Vordenker bisher das Establishment aufgescheucht. So lange die staatstragende Fassade keine sichtbaren Sprünge zeigte, strichen sie Punktvorteile ein. Die sind mit einem Schlag aufgezehrt. Die Neonazis haben ihre hässliche Fratze präsentiert.

Zielsicher sind die NPD-Strategen in die Falle ihrer Selbstentzauberung gesteuert. Verblendet von ihrem Geschichtsbild, das weder den Holocaust an den Juden, noch die deutsche Verantwortung für die verheerenden Folgen des zweiten Weltkrieges wahrhaben will, setzen sie auf Demagogie und Revisionismus. Am 13. Februar, wenn sich zum 6o. Mal die Zerstörung Dresdens jährt, wollen die Ultras keine Versöhnung, sondern den “Bomben-Holocaust” als Kriegsverbrechen institutionalisieren. In den Tiraden ihres Hass-Predigers Holger Apfel spiegelte sich gestern auch der Frust der braunen Kameraden über den Entzug ihrer Propagandaplätze wieder: Nach dem Plenum strich ihnen die Landtagsverwaltung auch den Vorplatz als symbolträchtige Bühne ihrer geplanten Aufmärsche.

Einige Abgeordnete ließen gestern ihren Tränen freien Lauf. Schock und Hilflosigkeit drückten sich darin aus. Der Auslöser hieß Apfel. Man muss diesen im Stakkatostil geifernden Aufwiegler persönlich erlebt haben, um Angst und Vergleiche mit schlimmsten Vorbildern aus der Nazi-Zeit nachvollziehen zu können.

Die NPD hat gestern erneut die politische Szene aufgemischt. Dem Image Sachsens dienen die neuen Schlagzeilen nicht. Der größte Schaden geht aber zu Lasten der Neonazis. Darin dürfen alle Trost suchen: Diejenigen, die stets vor der Gefährlichkeit dieser Bewegung warnten und jene, die auf ihre platten Parolen hereingefallen waren. Der Bluff der braven Bürger in den Konfektionsanzügen von Abgeordneten ist aufgeflogen. Nun wird es Zeit, dass sich die Parteien der Mitte fangen und Unterstützung aus der Gesellschaft erhalten. An der Initiative sächsischer Theater könnten sich andere Gruppen ein Beispiel nehmen. Es sind denkwürdige 100 Tage NPD im Landtag, die sie morgen bilanzieren wollen,

Karl Nolle im Webseitentest
der Landtagsabgeordneten: