DNN/LVZ, 24.02.2005
Akten aus Absurdistan
Die Landesbank Sachsen gerät wegen gefälschter Dokumente unter Druck
Dresden/Leipzig (DNN). Die Landesbank Sachsen (Sachsen LB) und ihre Führungsetage geraten immer stärker unter Druck. Gestern forderte der SPD-Wirtschaftspolitiker
Karl Nolle Sachsens Finanzminister Horst Metz (CDU) erneut auf, den Vorstand des Instituts „sofort in die Wüste zu schicken". Aktueller Anlass ist eine mehr als dubiose Facette eines Streits, den die Sachsen LB an mehreren Fronten mit der Tutzinger Industrie- und Immobilienleasing (HL) um die Landesbank-Tochter Mitteldeutsche Leasing AG (MDL) führt.
In einem Verfahren vor dem Dresdner Oberlandesgericht um eine umstrittene Kapitalerhöhung bei der MDL hatte die Landesbank über ihren Anwalt ein Schriftstück eingebracht, das sie inzwischen selbst als „Fälschung" bezeichnet. Das dieser Zeitung vorliegende Papier, die Kopie einer internen Mitteilung, sollte belegen, dass der MDL-Mehrheitsgesellschafter Sachsen LB - sie hält 51 Prozent der Leasing-Firma, die ILL 49 Prozent - seine Besitzanteile rechtzeitig und wie im Aktiengesetz vorgeschrieben angemeldet hat.
Bereits im schriftlichen Urteil, das unter anderem die Kapitalerhöhung für unwirksam erklärt, hatte der OLG Richter die Vermutung festgehalten, dass das Dokument rückdatiert sein könnte. Zudem hatte er erhebliche, Zweifel an der Glaubwürdigkeit des Zeugen der Landesbank, Vorstandsstabs-Chef Christian Spieker, geäußert. Gestern nun berichtete die Tageszeitung „Die Welt", die Fälschung sei anhand einer Fußzeile erkennbar, in der Abkürzungen auftauchten, die zu dem angegebenen Zeitpunkt im Schriftverkehr der Bank noch nicht üblich gewesen seien.
Damit hat die Landesbank ein massives Erklärungsproblem - zumal das Original-Dokument nach Angaben von Landesbank-Sprecher Frank Steinmeyer im November 2004 auf dem Postweg von der Anwaltskanzlei zur MDL verschwunden ist.
Dafür kursiert inzwischen ein neue Version des Papiers – mit bis zum angegebenen Zeitpunkt passenden Abkürzungen. Welche Variante echt ist, wie die falsche in die Landesbank- und dann in die Gerichts-Akten kam - das prüft zurzeit die Dresdner Staatsanwaltschaft. So lange hält auch Finanzminister Metz weiter seine schützende Hand über den Landesbank-Vorstand mit Michael Weiss an der Spitze. Sollten sich jedoch' eindeutige Hinweise" finden, dass seitens der Sachsen LB Dokumente manipuliert wurden, seien personelle Konsequenzen nicht auszuschließen, sagte seine Sprecherin Monika Dunkel dieser Zeitung.
Zum politischen Ungemach - die PDS forderte gestern für den 9. März eine Regierungserklärung zur Landesbank und drohte mit einem Untersuchungsausschuss - kommen erhebliche finanzielle Risiken auf die Bank zu. In einer Klageschrift, die dieser Zeitung vorliegt und die demnächst beim Landgericht Leipzig eingereicht werden soll, fordert die IIL von der Landesbank 140,5 Millionen Euro Schadensersatz. Begründet wird die Forderung damit, dass der Landesbank-Vorstand und MDL-Chefin Andrea Braun den Wert der Leasing-Firma durch „gleichsam verschwörerisches Handeln" von knapp 367 auf rund 80 Millionen Euro reduzierten.
Wird die Klage eingereicht, muss die Landesbank das Prozessrisiko höchstwahrscheinlich noch in die aktuelle Bilanz für 2004 einstellen. Das bereits verkündete Rekordergebnis wäre damit dahin - ebenso wie Bemühungen um ein besseres Rating als das schwache BBB+, das der Sachsen LB die Kapitalbeschaffung erschwert.
von Lars Radau