Karl Nolle, MdL

Sächsische Zeitung, 26.02.2005

Sachsen LB: Unterschätzte Gegner

„Im schlimmsten Fall gehen wir jetzt alle unter.“
 
Eigene Fehler, Lecks im eigenen Haus und ein überflüssiger Machtkampf führten zum Rücktritt der Landesbank-Spitze. „Im schlimmsten Fall gehen wir jetzt alle unter.“

Sie kamen, sahen – und verloren. Michael Weiss (60) und Rainer Fuchs (44) sind so etwas wie die Urgesteine der sächsischen Landesbank (Sachsen-LB). Der in Thüringen geborene Weiss ist seit der Bankgründung 1992 Vorstandschef. Fuchs kam ein Jahr später in das Management.

Viele Erfolge feierten sie gemeinsam, überstanden Affären und Affärchen. Auch aus der heftig geführten Strategiediskussion 2001 kamen sie unbeschadet davon; ihr fielen zwei andere Vorstände zum Opfer. Doch seit gut zwei Jahren schlägt ein bayerischer Geschäftspartner mit Wucht auf die im Laufe der Zeit schon arg erodierten Urgesteine ein. Hinzu kamen entlassene Führungskräfte, frustrierte Mitarbeiter, kritische Medienberichte (siehe Kasten). Jetzt sind die beiden Felsen in die tosende Brandung gestürzt – am Freitag traten Weiss und Fuchs zurück. Sie hatten ihre Gegner unterschätzt – vor allem ihren Partner bei der Mitteldeutsche Leasing AG (MDL).

Als die Sachsen-LB mit der bayerischen Industrie- und Immobilienleasing GmbH (IIL) 2000 die MDL gründete, wollten beide profitieren: von einem Markt, der Millionengewinne versprach. Mit IIL-Chef Ludwig Hausbacher, der in Tutzing am Starnberger See residiert, war ein vermeintlich guter Partner gefunden. Er verfügt über beste Kontakte in die deutsche Industrie. Man gewann den Autovermieter Sixt als Kunden, auch die Telefonfirma Telegate. Beim Werben um das neue BMW-Werk in Leipzig soll die IIL ihre Kontakte zur Großaktionärsfamilie Quandt genutzt haben. Sachsens CDU-Finanzminister Horst Metz bat Hausbacher, den Reifengiganten Continental zum Bau eines neuen Werks bei Pirna zu bewegen. Im MDL-Aufsichtsrat sitzt als IIL-Vertreter Jürgen Geisinger, Vorstandschef des Ina-Schaeffler-Konzerns mit 57 000 Beschäftigten. IIL-Pressesprecher Andreas Waldow ist Schwiegersohn von Kurt Biedenkopf (CDU).

Zwei Jahre schien alles gut zu laufen, da registrierten die Leipziger hohe Verluste bei der MDL. Die Schuld daran gaben sie Hausbacher. Der wurde als MDL-Chef abgelöst und durch die Bankerin Andrea Braun ersetzt, der Lebensgefährtin von Weiss. Sie stellte das Neugeschäft ein, die Leasingfirma verlor an Wert – zum Leidwesen natürlich auch von Hausbachers IIL, die 49 Prozent an der MDL hält.

So kam, was kommen musste: der Streit um Geld, Prestige und Macht. Drei Gutachten großer Wirtschaftsprüfungsunternehmen zur Bewertung der Vorgänge bei der MDL liegen inzwischen vor. Die IIL hat mehrere Zivilklagen beim Landgericht Leipzig eingereicht, die Bank wehrt sich mit Gegenklagen. 140 Millionen Euro will Hausbacher; die Bank hält das für eine „Luftnummer“. Auch strafrechtlich relevante Vorwürfe stehen im Raum: Insolvenzverschleppung, Betrug und Falschaussagen. Ihre bislang schwerste Niederlage kassierte die Sachsen-LB vor dem Oberlandesgericht Dresden. Im Prozess um die Nichtigkeit diverser MDL-Beschlüsse äußerten die Richter den Verdacht der Urkundenfälschung. Das war Grund für die Durchsuchung der MDL-Räume durch die Staatsanwaltschaft.

Durch diverse Informanten aus Politik sowie IIL- und Bankkreisen erfahren die Medien davon unmittelbar. Fast alles, was bei einer Bank auch nur annähernd schief laufen kann, ist in die Öffentlichkeit gelangt: große Dienstwagen, Günstlingswirtschaft, schlechtes Betriebsklima bis zu namentlich bekannten Kredit-Engagements und obskuren Firmenbeteiligungen.

„Der Vorstand hat den Hausbacher unterschätzt“, bedauert ein Landesbanker. „Im schlimmsten Fall gehen wir jetzt alle unter.“
von Ulrich Wolf

Karl Nolle im Webseitentest
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