Freie Presse Chemnitz, 07.03.2005
Missgunst und Machtkämpfe hinter verschlossener Tür
NPD-Landesparteitag: Abschottungspolitik entzweit Rechtsextremisten - Bundeschef Voigt fordert Sachsen heraus - Kritik vom Rechnungshof
Neundorf. Bei der NPD ist die Euphorie verflogen. Beim Landesparteitag in Neundorf, bei Annaberg brach der Konflikt zwischen den ostdeutschen Partei-Urgesteinen und der Fraktionselite aus Westdeutschland auf. Mit Winfried Petzold (Grimma) als Vorsitzender und Jürgen Schön (Leipzig) als Stellvertreter setzten sich zwei Alt-Kameraden durch. Die beiden Landtagsabgeordneten hatten im Vorstand den Beschluss durchgesetzt, die Medien vom Parteitag auszuschließen.
Die Geheimhaltung begründete Fraktionschef Holger Apfel mit dem „Schutzbedürfnis" für die 77 Delegierten. Den Namen des Gasthofes Neundorf hielt die NPD bis Freitag unter Verschluss. Gegen den konspirativen Treff protestierte nur ein lokales Trio: ein Fleischermeister, ein. Fahrlehrer und ein weiterer Bürger. Ihr Motiv: ein durchgestrichenes Hakenkreuz. Die Polizei blieb diskret im Hintergrund.
Klaus Baier, Landtagsabgeordneter der NPD, genoss das Heimspiel ohne Zuschauer. Der Annaberger holte bei der Landtagswahl knapp 15 Prozent. Der Gasthof im 79o Einwohner zählenden Neundorf ist seiner Partei vertraut. Steffen Flath, der für die CDU in Annaberg landesweit das beste Ergebnis erzielt hatte, richtete dort kürzlich demonstrativ seinen Neujahrsempfang aus.
Der Umgang mit den Medien machte einen Streit in der NPD deutlich. Während der Parlamentarier Schön in rüder Form Einblicke in den Saal mit der ausgelegten Nazi-Literatur verwehrte, zeigte sich die Bundesspitze von der Abschottung peinlich berührt. Sachsen müsse mehr aus seiner Bollwerkstellung machen, forderte Bundesvorsitzender Udo Voigt. Nach der Pleite in Schleswig-Holstein gab er den neuen Kurs vor: Weg von der Behandlung geschichts-revisionistischer Themen, hin zur Betonung sozialer Brennpunktfragen.
Holger Apfel schaffte es zwar neben Schön und Mirko Schmidt zum Vize gewählt zu werden, erfuhr aber auch den Neid der Basis auf den Geldsegen der Fraktion. Der Begehrlichkeit, davon zu profitieren, stehe die Rechtslage entgegen, lautete die' Erklärung für die Mitglieder. Wie locker das Recht von der NPD ausgelegt wird, macht der Landesrechnungshof deutlich. Sascha Wagner, Referent des Abgeordneten Alexander Delle, hatte aktiv Wahlkampfarbeit in Kiel geleistet. Mit der Bezahlung durch den Freistaat Sachsen vertrage sich das nicht, lautet die Kritik des Rechnungshofes.
Wenig Skrupel zeigte auch Klaus-Jürgen Menzel. Der Abgeordnete und Verehrer von Adolf Hitler beschäftigt in seinem Büro Peter Naumann als „wissenschaftlichen Mitarbeiter". Der Ex-Terrorist wurde 1987 zu viereinhalb Jahren Haft wegen Sprengstoffanschlägen verurteilt. In Neundorf scheiterte Menzel mit seinem Griff zur Macht: Er erhielt 23, Petzold 52 Stimmen.
Abgeordnete wie Menzel erschweren die Image-Arbeit von Peter Marx. Unter dem Eindruck der dumpfen Atmosphäre in Neundorf ließ der intellektuelle Kopf der NPD erkennen, wohin bei ihm die Reise geht: In Rheinland-Pfalz finden 2006 Landtagswahlen statt. Mitte Februar ließ er sich in Mainz zum Landeschef wählen. Den Vorsitz im Saarland will er abgeben. So dünn ist die Personaldecke bei der NPD.
von Hubert Kemper