Freie Presse Chemnitz, 22.06.2005
Schönheitsfehler - Sachsen-Finanzgruppe am Scheideweg
Leitartikel von Christoph Ulrich
Der deutsche Bankenmarkt ist durch den schärferen internationalen Wettbewerb in den letzten Jahren immer mehr in Bewegung gekommen. Spätestens mit der Ankündigung der geplanten Übernahme der Hypo-Vereinsbank durch die italienische Großbank Uni-Credito ist klar geworden, dass sich das deutsche Bankensystem insgesamt ändern wird. Das bleibt auch nicht ohne Auswirkungen auf die Sparkassen. Das Ende der Gewährträgerhaftung am 19. Juli dieses Jahres markiert die nächste Zäsur. Die Garantien für öffentlichrechtliche Kreditinstitute durch ihre staatlichen Eigentümer fallen dann weg. Zudem ändert sich die Welt der Finanzunternehmen durch neue Eigenkapitalregeln.
Im Freistaat wurde mit der Sachsen-Finanzgruppe (SFG) auf diese Herausforderungen des internationalen Wettbewerbes reagiert. Die Krise bei der Landesbank Sachsen (Sachsen-LB) und die schwierige wirtschaftliche Lage einiger Sparkassen hat in den letzten Monaten das Management und die Gremien des SFG in Atem gehalten. Mit der beabsichtigten Kapitalerhöhung über 300 Millionen Euro für die Sachsen-LB sowie einer Rahmenvereinbarung über die Zusammenarbeit der Verbundinstitute sollte die Sachsen-Finanzgruppe endlich wieder nach vorne schauen.
Doch der Kraftakt hat Schönheitsfehler, die das ganze Projekt einer sachsenweiten Verbundgruppe der Sparkassen gefährden. Bisher hatte das Vertragswerk des Finanzverbundes den Charme, dass es vor allem auf gleichberechtigte Kooperation der unterschiedlich großen Sparkassen ausgelegt war. Jetzt befürchten jedoch die kleineren Sparkassen, dass die geplanten Kompetenzzentren ihren Standort vor allem an den Bankenplätzen Leipzig und Dresden finden.
Angst vor Abwanderung und Kaufkraftverlust.
Für die ländlichen Regionen im Erzgebirge wichtige Arbeitsplätze würden in die Großstädte verlagert. Die Angst vor Abwanderung von Familien und vor Kaufkraftverlust sitzt tief. An solchen Entscheidungen können die Landkreise und Kommunen kein Interesse haben. Für die noch nicht der Finanzgruppe beigetretenen Sparkassen aus dem Regierungsbezirk Chemnitz könnte das ein zusätzlicher Grund sein, weiter abseits zu stehen und die Entwicklung des Finanzverbundes abzuwarten Der SFG hat es in der Hand, den Anspruch einer ausgewogenen Verteilung von Betriebsstätten und Kompetenzzentren in den Regionen auch einzulösen Der Idee des Finanzverbundes, die sich in der Praxis ohnehin erst als sattelfest und wirkungsvoll erweisen muss, könnte das neuen Auftrieb geben.