Freie Presse Chemnitz, 22.06.2005
Umstrittener Rettungsanker
Dresdner Finanzprofessor: Freistaat braucht keine eigene Landesbank
Dresden. Die am Vorabend beschlossene Kapitalaufstockung für die Sächsische Landesbank beherrschte auch die gestrige Sitzung des Regierungskabinetts. Finanzminister Horst Metz (CDU) fand für die Bereitstellung des 3oo-Millionen-Euro-Pakets zur Rettung der Sachsen-LB Zustimmung, musste sich von Ministerpräsident Georg Milbradt aber Kritik an seiner Informationspolitik gefallen lassen.
Die Kapitalaufstockung der Sachsen-LB wurde vor allem von den Rating-Agenturen erwartet, die die Leistungsfähigkeit der Banken am internationalen Kapitalmarkt bewerten. Ohne die Kapitalspritze würde die Sachsen-LB nach Wegfall der bisherigen Staatsgarantien Mitte Juli höchstwahrscheinlich sehr schlecht bewertet. Dies würde dazu führen, dass die Bank am Kapitalmarkt Geld zu schlechteren Konditionen erhält, was ihr wirtschaftliches Überleben gefährden könnte.
Thomas Colditz, schulpolitischer Sprecher der CDU-Fraktion, rief die harten Auseinandersetzungen in den Haushaltsverhandlungen in Erinnerung. Da habe man oft um Beträge von 100.000 Euro gerungen. Nun zaubere Metz 300 Millionen Euro hervor. Das könne als falsches Signal verstanden werden. Der Finanzminister verteidigte die Kapitalaufstockung damit, dass die Landesbank ein Instrument der Wirtschaftsförderung im Freistaat sei.
Positiv kommentierte Antje Hermenau, Fraktionsvorsitzende der Grünen im Landtag, die Kapitalspritze. "Wir wollen die Landesbank, weil sie für den Mittelstand wichtig ist". Allerdings dürfe der Kapitalaufwand nicht zulasten des Haushaltes gehen. Die Grünen haben dazu noch Erklärungsbedarf und wollen am Donnerstag im Landtag eine parlamentarische Debatte durchsetzen.
Aus Sicht von
Karl Nolle, wirtschaftspolitischer Sprecher der SPD Fraktion, sind mit der Kapitalerhöhung die Probleme der Landesbank lediglich in die Zukunft verschoben, falls an den Strukturen und der Geschäftspolitik keine grundsätzlichen Veränderungen eintreten.
Als „schlichtweg unverantwortlich" bezeichnete es FDP-Fraktionschef Holger Zastrow, „in der jetzigen Situation 300 Millionen Euro in die Landesbank zu stecken". Damit erkaufe sich die Staatsregierung nur eine gute Bewertung für die angeschlagene Landesbank. Die SachsenLB bringe dem sächsischen Mittelstand in ihrer jetzigen Form so gut wie nichts, kritisiert Zastrow.
Befürchtungen bei Sparkassen
Bei einigen Sparkassen in Südwestsachsen wird befürchtet, dass bei der künftigen Struktur der Sachsen Finanzgruppe eine größere Zahl von Arbeitsplätzen nach Dresden und Leipzig verlagert wird. Der Vorstandschef der Sparkasse Freiberg, Harald Menzel, erklärte, dass das Vertragswerk zum Finanzverbund bisher auf Kooperation ausgelegt war. Jetzt müsse es gelingen, alle Sparkassen bei der Arbeitsteilung angemessen zu berücksichtigen.
Fehlendes Fachwissen
Der Dresdner Professor für Finanzwirtschaft, Hermann Lucarek-Junge, hält für Sachsen eine eigene Landesbank gar für unnötig. Die Wirtschaftskraft des Freistaates reiche nicht aus, um eine eigene Bank zu rechtfertigen. Um eine Bank wie die Sachsen-LB wirtschaftlich betreiben zu können, seien Finanzierungen im Umfang von jeweils z0 bis 5o Millionen Euro notwendig. Und wie viele davon gibt es in Sachsen?", fragt Lucarek-Junge. Eine Finanzierung des Mittelstandes sei von Privatbanken viel besser zu realisieren. Wenn es um Wirtschafts- oder Exportförderung gehe, dann solle die Politik das deutlich sagen und eigene Instrumente dafür schaffen. "Eine Verquickung mit dem Bankgeschäft ist da immer schlecht." Beim Ausweichen auf andere Geschäftsfelder bestehe für eine Bank wie die Sachsen-LB das Problem, dass das Fachwissen nicht mehr ausreiche. Auch bei Auslandsgeschäften laufe eine solche, darauf nicht spezialisierte Bank Gefahr, aus mangelnder Ortskenntnis nicht sonderlich erfolgreich zu sein. (hk/cul/ddp)