Karl Nolle, MdL

Sächsische Zeitung Rödertal, 10.06.2005

Ein Ex-Minister im Pyjama

Durchsuchung. Dass die Presse gemeinsam mit Ermittlern vor der Tür Kajo Schommers stand, sorgt in Ullersdorf für heftige Diskussionen.
 
Ullersdorf. Die Volksseele kocht auch Tage später. In Ullersdorf schlagen die Wellen noch immer hoch, wenn die Sprache auf eine morgendliche Hausdurchsuchung beim im Ullersdorf wohnenden Ex-Wirtschaftsminister Kajo Schommer (CDU) kommt. Ende Mai hatten bei ihm frühmorgens Ermittler der sächsischen Anti-Korruptionseinheit „Ines“ geklingelt und nach Unterlagen gesucht. Es geht um mit etwa 200 000 Euro pro Jahr dotierte Beraterverträge mit dem Dualen System Deutschland (DSD), war später zu erfahren und um Ermittlungen wegen Untreue zu Lasten des Grünen Punktes, wie „Ines“-Chef Claus Bogner später zitiert wurde. Heißt übersetzt, es sei Geld ohne Gegenleistung Schommers geflossen. Schommers Anwalt hielt sofort kräftig dagegen und sprach von haltlosen Vorwürfen. Der Ex-Minister selbst zeigte einige Tage darauf die Ermittler sogar an.

Justizminister fragt nach

Aber nicht die Debatte, ob der Ullersdorfer Ex-Minister nun schuldig oder unschuldig ist, bringt die Ullersdorfer Nachbarn Schommers offenbar auf die Palme. Vielmehr ist es die Frage: Dürfen die Ermittler zur Hausdurchsuchung gleich mit einem Aufgebot Boulevard-Presse-Fotografen aufkreuzen. Schließlich müsse ja wohl so lange die Unschuldsvermutung gelten, bis tatsächliche Beweise gefunden werden, ärgerten sich deshalb jetzt auch einige Ullersdorfer bei einem Forum mit Sachsens Justizminister Geert Mackenroth (CDU), der im Gasthof Ullersdorf zum Thema „Gläserner Mensch“ mit Sachsens Datenschutzbeauftragtem Andreas Schurig diskutierte. Mackenroth hielt sich mit einer inhaltlichen Bewertung des Falles natürlich zurück – üblich bei schwebenden Verfahren. „Über die Fotos habe ich mich aber ganz klar geärgert“, machte Geert Mackenroth aus seinem Herzen keine Mördergrube. Und so will der Minister nun in jedem Fall herausbekommen, wie es dazu kam, „dass die Presse mit dabei war.“ Auch Datenschützer Schurig hatte mit Blick auf die Bilder (sie zeigen Kajo Schommer im Pyjama) offenbar Bauchschmerzen: „Medien sind in einer Mediengesellschaft wie der unseren natürlich nicht absolut auszuschließen, die Frage ist nur, wo man die Grenze zieht.“

Die Ullersdorfer werden jedenfalls bestimmt ganz genau hinhören, was bei den internen Untersuchungen von Minister Mackenroth herauskommt.
Von Jens Fritzsche

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